Von der romisch-germanischen Zeit bis zur Teilung des Franreiches 1.1. Germanen Die Bezeichnung Germanen wird auf eine Vielzahl von Volkern und Stammen in Nord- und Mitteleuropa, die der sogenannten indo-germanischen Sprachfamilie angehoren, anwendet. Der Name, dessen Bedeutung unklar ist, wurde ursprunglich von den Kelten fur benachbarte nichtkeltische Stamme gebraucht. Im sudlichen Teil Skandinaviens bildete sich seit Beginn der Bronzezeit (2 Jahrtausend v.Chr) ein zusammenhangender Kulturkreis, der sich (wegen der Klimaverschlechterung) nach Westen bis in die Niederlande und nach Osten ausbreitete. Schon fruh (etwa 2 Jahrtausend v.Chr) gab es Siedlungsverbande, die sich durch gemeinsame Sprache, Abstammung (= происхождение), Konigssippe (род), Gotterverehrung (поклоняться), Sitten (обычай), und Traditionen einander zugehorig und von ihren Nachbarn unterschieden fuhlen. Die Geschichtswissenschaft hat die Germanen in die Grossgruppen der West-, Ost- und Nordgermanen eingeteilt. Westgermanen nennt man alle jene Volkerschaften, die in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung zwischen Rhein und Elbe, zwischen Nordseekuste und Donau wohnten. Sie sind wieder nach ihren Siedlungsgebieten eingeteilt worden in die a) Rhein-Weser-Germanen (Bataver, Ubier, Tenkterer, Brukterer -> 3. Jahrhundert haben die Franken gebildet), b) die Nordsee-Germanen (Angeln, Friesen, Sachsen -> 5. Jahrhundert haben Britannien erobert), c) die Elb-Germanen (Cherusker->Sachsen, Chatten->Hessen, Markomannen->Thuringer, Sweben->Alemannen, Semnonen). Zu den Ostgermanen gehorten u.a. die Goten deren Urheimat Skandinavien war, Burgunder und Vandalen. Nordgermanen sind im wesentlichen die in Skandinavien und Danemark gebliebenen Volker, von denen einige erst Jahrhunderte spater als Normannen oder Wikinger im mitteleuropaischen Raum auftauchten. Die gesellschaftliche Gliederung der Germanen lasst als Grundprinzip eine starke patriarchalische Autoritat erkennen. Viele Stamme hatten Konige, die die mit dem Gotterkultzusammenhangenden Aufgaben zu erfullen hatten. 1.2. Germanen und Romisches Reich Schon 113 v.Chr. waren aus ihrer Heimat Jutland (полуостров в Дании и ФРГ) vertriebenen (изгнанные) Kimbern, Teutonen und andere Gruppen in das Gebiet des Romischen Reiches eingedrungen, das damals bis in die sudlichen Alpen reichte, und hatten romische Heere besiegt. Um 71 v. Chr uberschritt der schwebische Heerkonig Ariovist mit zahlreichen Gefolgsleuten aus verschiedenen Stammen den Oberrhein; sie siedelten sich westlich des Oberrheins an, bis Casar sie nach seinem Sieg uber Arovist wieder zuruckdrangte. Bald gab es jedoch Bundnisse zwischen Rom und Germanenfursten. Im romischen Germanien, das um 90 Provinzen (Hauptstadt=Mogontiacum) geteilt wurde, entwickelte sich ein bluhendes Stadtewesen; romischen Techniken wie die Ziegel- (кирпич), Keramik- und Glasherstellung wurden ubernommen, wobei die einheimischen Baumeister und Handwerker am romischen Vorbild orientierte, aber durchaus eigenstandige Kulturformen schuffen. Auch wurde ein weitraumiges Strassennetz ausgebaut. 1.3. Arminius Gebohren im Jahre 18 v.Chr als Sohn des Cherusfurster Segimer, kam Arminius zusammen mit seinem Bruder Flavus als Kind zur militarischen Ausbildung nach Rom. In den Germanienfeldzugen (поход) des Tiberius befehligte er 4-6 n.Chr die germanischen Hilfsgruppen, wofur er mit dem romischen Burgerrecht ausgezeichnet wurde. Nach der Ruckkehr zu seinem Stamm stellte er sich jedoch an die Spitze einer Verschworung (заговор) gegen den romischen Statthalter Publius Quanctilius Varus, der das romische Verwaltungs-, Steuer- und Rechtssystem im rechtsrheinischen Germanien einzufuhren versuchte. Obwohl Varus von dem romfreundlichen Cherusker Segestes gewarnt wurde, liess er sich im Herbst des Jahres 9 im Teutoburger Wald mit drei Legionen in einer Hinterhalt locken (попадать в засаду) und verlor sein ganzes Heer (etwa 20 000 Mann); er selbst beging ( 1.4. Limes (= befestigter rom. Grenzwall) Seit Kaiser Augustus begannen die Romer mit dem planmassigen Ausbau einer Verteidigungsstellung an Rhein und Donau. Im 2. Jahrhundert bestand der romisch-germanische Limes im Gesamtverlauf auf 4 Hauptabschnitten: 1) der niedergermanische Limes , 2) der obergermanische Limes, 3) der ratische(?) Limes 4) Donaugrenze flussabwarts bis nach Ungarn. Der obergermanische Limes, zuerst aus Wall und Graben bestehend, wurde nach und nach durch Palisaden verstarkt. Der ratische Limes war zusatzlich teilweise mit einer Steinmauer verstarkt, die aber nie vollendet worden ist. Hinter den Befestigungen des Limes wurde ein Strassensystem angelegt. Aus den Romerlagern an den wichtigsten Flussubergangen von Rhein nach Donau entstanden die ersten romisch-germanischen Stadte. Xanten, Koln, Bonn, Koblenz, Passau, Worms, Regensburg und viele andere deutsche Stadte gehen so auf romische Ursprunge zuruck. Durch den Limes wurde die Ausbreitung der Germanenstamme nach Westen und Suden aufgehalten, gleichzeitig aber ermoglichte er ein friedliches Nebeneinanderleben und einen lebhaften Handelsverkehr. 1.5. Tacitus “Germania” Der romische Schriftsteller und Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacius (55-120 n.Chr) veroffentlichte die Schrift “Uber den Ursprung und die Gebiete Germanen”. Im ersten Teil schildert er allgemein Land und Leute, im zweiten Teil charakterisiert er eizelne Stamme und beschreibt ihren Wohnsitz. Er ruhmt an den Germanen ihre einfache Lebensweise, ihr sittenstrengen Familienleben, ihre kriegische Tapferkeit (мужество) und ihr Freiheitsstreben. Dieses Germanenbild ist sicher idealisiert, doch Tacius tadelt (<порицать) die Schwachen der Germanen, z.B. ihre Tragheit (леность) in Friedenszeiten, ihre Neigung zu unmassigem Biergenuss, ihre Leidenschaft (пристрастие) fur das Wurfelspiel (игра в кости). Dennoch ist er davon uberzeugt, dass bei den Germanen gute Sitten mehr vermogen als anderswo gute Gesetze. 1.6. Germanen und Christenturm Im romischen Germanen gab es in der Zeit vor Konstantin dem Grossen (рим. Император с 306, поддерживал христианство, сохраняя при этом языческие культы; oсновал Константинополь) schon Christen. Die Durchsetzung des Christentums als romischer Reichsreligion gipfelte durch Theodosius I.Damit war jedoch die Ausbreitung des christlichen Glaubens bei den feindlichen Germanen zunachst blockiert. Bei diesen fand er schliesslich in Gestalt des sogenannten Arianismus Eingang. Die Lehre des alexandrinischen Priesters Arius beruhte auf der Auffassung, Christus sei das aus dem Nichts geschaffene Geschopf des Vaters (= они не принимали один из догматов о единосущности бога-отца и бога-сына; по учению Ария: Христос, как творение бога-отца – существо нижестоящее). Es gelang den Arianen, ihre Lehre weithin durchzusetzen. 314 wurde die Bibel ins Gotische ubersetzen. 1.7. Volkerwanderung Als eigentliche grosse Volkerwanderung gelten Wanderungbewegungen, die durch den Einbruch (наступление) der Hunnen 370 in Europa ausgelost wurden. Wahrend die Hunnen 375 das Gotenreich in der heutigen Ukraine zerstorten, wich (<отступать) der grossere Teil der Goten uber die Donau auf romisches Gebiet aus und wurde 376 von Kaiser Valens in Moesien (im heutigen Bulgarien) angesiedelt. Kaiser Theodosius der Grosse schloss 382 mit ihnen Frieden. Unter Alarich, der 395 zum Konig erhoben wurde, fiel Teil der Goten (Westgoten) 401 in Italien ein und plunderte (<разграбить) 410 Rom. Nach Alarichs baldigem Tod wandten sich die Westgoten Sudgallien zu und errichteten ein Reich mit der Hauptstadt Tolosa (Toulouse), das sich allmahlich (постепенно) bis nach Spanien ausdehnte. Die mit Westgoteneinfall in Italien zusammenhangende Schwachung der Rheingrenze begunstigte die Westwanderung der Sweben, Vandalen, Burgunder und Alanen (Stamm iranischer Herkunft), die ab 406 Gallien uberrannten und 409 grossenteils nach Spanien abwanderten. Wahrend die Sweben, von der Westgoten nach Nordwestspanien abgedrangt, dort um 585 ein eigenstandiges Reich behaupteten, setzen die Vandalen und Alanen unter Geiserrich 429 nach Nordafrika uber, das sie bis 439 eroberten. Der Skire Odoaker, der zum Konig ausgerufen wurde, beseitigte das bereits machtlose westromische Keisertum, wurde selbst von dem Ostgoten Theodorich ermordert. Die Herrschaft der Ostgoten endete 553 mit der Eroberung Italiens durch den byzantinischen Feldherrn Narsas. 1.8. Hunnen Die Hunnen waren ein Turkvolk, dessen Angehorige als Reiternomaden lebten. Nach jahrhundertelangen Kampfen mit den chinesischen Nachbarn begannen Teile dieses Volkes nach Westen zu wandern. Nach ihrem Sieg uber die Ostgoten 375 beherrschten bisher unter gotischer Botmassigkeit stehenden Stamme. Sie verlagerten den Schwerpunkt ihrer Herrschaft nach Pannonien (heutige Ungarn), von wo sie mit ihren germanischen und sonstigen Gefolgsleuten Beutezuge unternahmen. Vorostromischen Kaiser erzwangen sie hohe Tributzahlungen. Der westromische Oberbefehlshaber Aetius, der in seiner Jugend als Geisel (заложник) bei den Hunnen gelebt hatte, betrieb lange eine hunnenfreundliche Politik, vor allem im Interesse seiner Kampfe gegen die Germanien in Gallie, an denen hunnische Hilfsgruppe beteiligt waren. Der Hunnenkonig Attila, der 445 seinen Bruder ermordet hatte und seitdem allein regierte, fuhrte sein Reich zum Hohepunkt seiner Geltung. 452 fiel Attila in Italien ein, doch einer kaiserlichen Gesandtschaft (посольство) unter Fuhrung von Papst Leo I gelang es, ihn zu Ruckzug zu bewegen. Nach dem uberraschenden Tod Attilas 453 in der Hochzeitnacht zerfiel das Hunnenreich rasch; die seiner Herrschaft unterworfenen Germanen losten sich wieder aus der Abhangigkeit. 1.9. Theoderich der Grosse Der ostromische Kaiser Zenon sah sich 483 gezwungen, den machtigen Ostgotenfuhrer Theodorich als Magister (Herrmeister) anzuerkennen. Theodorich, etwa 453 geboren, war als Geisel in Konstantinopel aufgewachsen und nach seiner Ruckkehr 471 schon zu Lebzeiten seines Vaters zum Konig erhoben worden. 488 sandte Zenon Theodorich nach Italien, um die Herrschaft Odoakers zu zerschlagen. Nach jahrelangen Kampfen, u.a. um Odoakers Hauptstadt Ravenna, einigte sich der Ostgotenkonig mit seinem Rivalen (= Gegner) auf eine gemeinsame Herrschaft, doch kurz darauf ermordete er Odoaker. Romanen und Goten blieben im ubrigen durch ein Heiratsverbot sowie durch unterschiedlichen Glaubensrichtungen und Rechtsstellungen getrennt. Aussenpolitisch verstand es Theodorich, offene Konflikte mit dem Kaiser zu vermeiden und zu den anderen germanischen Fursten freundschaftliche Beziehungen anzuknupfen, die er durch Heiratsverbindungen mit den Herrscherfamilien der Westgoten, Vandalen, Burgunder und Franken zu festigen suchte; er selbst nahm eine Schwester des Frankenkonigs Chlodwigs zur Frau. Bei seiner Bundnispolitik erlebte er jedoch auch Ruckschlage, vor allem infolge des frankischen Expansionsstreben auf Kosten der Westgotte, der Burgunder und unter ostgotischem Schutz stehenden Alemannen. Als Theodorich 526 starb, blieb seine Herrschaft den Menschen als eine Zeit des Friedens und der Gerechtigkeit in Erinnerung, doch sein Lebenswerk hatte keinen Bestand. Seine Tochter Amalasuntha, Regentin fur ihren unmundigen Sohn, fiel 535 einem Mordanschlag ihres Vetters (дв. брат) zum Opfer. Die letzten Ostgotenkonige (Witigis, Totilia) unterlagen den Feldherren Kaiser Justinians, Belisar und Narses. Die Reste der Goten gingen spater in der italischen Bevolkerung auf L 1.10. Franken Aus mehreren westgermanischen Stammen bildete sich der Grossverband der Franken. Allmahlich drangen sie nach Westen auf romisches Gebiet vor und traten teilweise in romische Dienste. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts besassen die frankischen Fursten etwa das Gebiet des heutigen Belgien. Die durch Chlodwig eingeleitete Grossmachtbildung wurde zum wichtigsten politischen Faktor des beginnenden Mittelalters. Da es seit dem 6. Jahrhundert keine religiosen Barriere zwischen frankischen Eroberern und galloromanischen Bevolkerung mehr gab, kam es zu einem allmahlichen Verschmelzung. 1.11. Chlodwig Geboren um 466, im Laufe seiner Regierung unterwarf und besiegte er durch List (хитрость) und Gewalt alle anderen frankischen Gaukonige, nachdem er bereits 486 durch seinen Sieg uber den letzten romischen Statthalter in Gallien den romischen Teil Galliens gewonnen hatte. Zwischen 496 und 507 eroberte er den sudwestischen Teil des Westgotenreichs, dazu das linksrheinische Gebiet der Alemannen. Nur das Eingreifen Theoderichs des Grossen hinderte ihn an noch weitergehender Expansion. Mit seiner Eroberungspolitik durchkreuzte Chlodwig das Konzept des Ostgotenkonigs, das auf eine Verstandigung der germanischen Reiche gegen Byzanz zielte. Wohl 498 hatte der Frankenkonig in Reims die Taufe (крестины) empfangen. Diese Entscheidung fur die katholische Christentum, an der Chlodwigs burgundische Gemahlin (супруга) Chlothilde bedeutenden Anteil hatte, erwies sich als zukunftweisender Entschluss. Aussenpolitisch wurde dadurch der Gegensatz zu den arianischen Germanenreichen vertieft, doch im Innern gewann Chlodwig die Unterstutzung der galloromanischen Geistlichkeit, vor allem der Bischofe, bei der Konsolidierung seiner Herrschaft in den neu eroberten Gebieten. Die allmahlich entstehende frankische Reichskirche wurde zu einer der wichtigsten Klammern der Reichseinheit . Der inneren Ordnung dienten auch einerseits die Ubernahme des romischen Verwaltungssystems und andererseits die erste Aufzeichnung des frankischen Volksrechts. 511 starb Chlodwig in seiner neuen Residenzstadt Paris. 1.12. Merowinger Das Konigsgeschlecht der Merowinger stammte der Uberlieferung zufolge (=следуя традиции) von einem Kleinkonig mit Namen Merowechs ab. Die Sage fuhrte Merowechs Herkunft auf halbgottlichen Ursprung zuruck. Wurden der Konigsippe schon daher magische Krafte zugeschrieben, so steigerte sich ihr Ansehen noch, als Chlodwig durch erfolgreiche Kriegszuge ein frankisches Grossreich errichtete und damit das “Heil“ seiner Sippe bestatigte. Beim Tode Chlodwigs 511 waren seine vier Sohne ohne Unterschied nachfolgberechtigt. Das bedeutete, dass das Frankische Reich geteilt werden musste, was jedoch nicht unbedingt eine getrennte Entwicklung der Reichsteile zur Folge hatte. Tatsachlich kam es mehrmals zu einer Reichseinigung. Ausserdem setzen Chlodwings Sohne zunahst die Machtpolitik nach aussen fort, indem sie unter anderem 531 das Thuringerreich eroberten. Allerdings uberwogen auf die Dauer die Nachteile der Teilungspraxis betrachtlich, denn die Herrschaftsteilungen waren eine Quelle standiger Streitigkeiten. Aus den Teilungen gingen zwei selbstandige Rechtsteile hervor: im Westen Neustrien mit dem Zentrum Paris, und im Osten Austrien mit dem Konigssitz Reims (spater Metz). Die Herausbildung eines westlichen eines Ostlichen Schwerpunkts kam bei der endgultigen Teilung des Frankischen Reiches unter den Karolingern erneut zur Geltung. 1.13. Winfrid-Bonifatius. Die Missionierung der noch heidnischen (языческих) Germanen im frankischen Reichsverband machte im 6. und 7. Jahrhundert nur muhsame Fortschritte. Das begann sich um 700 zu andern, als mit Unterstutzung der karolingischen Hausmeier (фермер) eine Reihe von Missionaren zu den Hessen, Thuringern, Alemannen, Friesen, Sachsen und Baiern gingen. Der 672 in Wessex geborene Monch Winfried England verliess, um sich der Mission zu widmen. Bei seinem ersten Romaufenhalt beauftragte ihn der Papst am 15. Mai 719 mit der Germanenmission und verlieh ihm den Namen des Heiligen dieses Tages: Bonifatius. Bonifatius wirkte zunahst in Thuringen und Friesland, dann auch in Hessen. Er grundete nicht nur Kloster, sondern machte er sich um die Bistumsorganisation (= Gebiet eines Bischofs) in Baiern, Hessen und Thuringen verdient. 772 wurde er vom Papst zum Bischof geweiht. Im Alter von 80 Jahren kehrte Bonifatius zur Friesenmission zuruck, wahrend der er am 5. Juni 754 bei Dokkum den Martyrtod fand. Seine Gebeine ruhen im Dom von Fulda. 1.14. Die ersten Karolinger. Die Karolinger sind aus einer Verbindung der austrischen Adelsgeschlechter hervorgegangen. Die Vormachtstellung begrundete der austrische Hausmeier Pippin, der 687 durch seinen Sieg uber den neustrischen Hausmeier das Frankische Reich wieder vereinte und anstelle des schwachen Merowingerkonigs, die Regierung fuhrte. Pippins Sohn Karl erkampfte sich nach dessen Tod die Regentschaft uber das Gesamtreich. 732 schlug er mit einem frankischen Heer die Araber, die das Westgotenreich vernichtet hatten und nach Sudgallien vorgedrungen waren, und drangte sie endgultig uber die Pyrenaen zuruck. Dieser Sieg hatte fur die weitere Geschichte Europas entscheidende Bedeutung. Man hat Karl spater den Beinamen Martell (Hammer) gegeben. In zahlreichen Kampfen stellte er die Autoritat der Reichsgewalt in den selbstandigenden Reichsteilen (Aquitanien, Burgund, Provence, Allemanien, Thuringer, Bayern, Friesland) wieder her. Auch unterstutzte er die angelsachsische Mission (von Bonifatius), in der er ebenfalls eine Starkerung der Reichsgewalt sah. Wie ein Konig teilte er bei seinem Tod 741 das Frankische Reich unter seine Sohne und liess sich in der Grablege der Merowinger beisetzen (= begraben). Karls Sohne Karlmann und Puppen (der Jungere) regierten in Austrien und Neustrien, wobei Aquitanien und Bayern relativ selbstandige Herzogtumer blieben. 1.15. Langobarden Die Langobarden, die nach eigener Uberlieferung aus Gottland stammen, hatten ihre Wohnsitze lange Zeit an der unteren Elbe. Ein Teil von ihnen grundete in Panonien (Ungarn) um 166 ein erstes Reich. Trotz eines entscheidenden Sieges uber die Gepiden (567) uberliessen sie ihr ponnonisches Siedlungsgebiet den Awaren, zogen 568 unter ihrem Konig Alboin nach Oberitalien und grundeten ein Reich mit der Hauptstadt Pavia. Unter den Konigen Liutprand und Aistulf erreichte das Langobardenreich seine grosste Ausdehnung. Nach der Eroberung Ravennas 751 sah sich der Papst in Rom unmittelbar bedroht, so dass er den Frankenkonig Pippin zu Hilfe rief, der den langobardischen Ausdehnungsdrang stoppte. Erneute Ubergriffe der Langobarden auf papstlichen Gebiet beendete Pippins Sohn und Nachfolger Karl der Grosse endgultig, indem er 744 die Langobarden unterwarf und sich selbst ihre Konigskrone aufsetzte. Nur die langobardieschen Herzogtumer Benevent und Spoleto in Suditalien konnten ihre Selbststandigkeit bis uns 11. Jahrhundert bewahren. 1.16. Pippinsche Schenkung / Kirchenstaat Das durch die kirchliche Sanktionierung der Konigserhebung Pippins 751 angebahnte Bundnis zwischen dem Pappsttum und dem Frankischen Reich festigte sich. Papst Stephan II salbte (религ. помазать) Pippin und seine Sohne erneut und verlieh innen den Titel “patricius Romanorum“, wahrend der Frankenkonig die Ubergabe der von der Langobarden eroberten Gebiete in Mittelitalien an den Papst versprach . Der Umfang dieser sogenannten Pippinschen Schenkung ist umstritten; nach zwei erfolgreichen Feldzugen gegen Aistulf erhielt der Pappst 756 ein Gebiet in Mittelitalien, wo der Kirchenstaat entstand. Die formale Oberhoheit der byzantischen Kaisers blieb zunachst noch bestehen, doch als tatsachlicher Schutzherr des Papsttums war der frankische Konig an dessen Stelle getreten. Karl der Grosse hat diese Schenkung seines Vaters 774 ausdrucklich (окончательно) bestatigt und den Kirchenstaat unter frankischen Schutz gestellt. Diese Schutzverpflichtung hat die Politik der deutschen Kaiser und Konige im Mittelalter, die sich als Nachfolger des Frankenkaisers betrachteten und den Schutz des Kirchenstaates zu ihren vornehmsten Aufgaben zahlten, entscheidend gepragt. Die Italienpolitik der deutschen Konige fuhrte jedoch im Mittelalter auch zum Zusammenstoss zwischen den beiden hochsten Gewalten der damaligen Welt, dem Kaisertum und dem Papsttum, um die Vorherrschaft in der Weltordnung. 1.17. Karl der Grosse Karl wurde als Sohn des frankischen Hausmeiers und spateren Konigs Pappins des Jungeren im Jahre 747 geboren. Nach dem Tode seines Vaters (768) teilte er die Herrschaft mit seinem jungeren Bruder Karlmann. Karl isolierte seinen Bruder politisch durch ein Bundnis mit dem Langobardkonig Desiderius und stellte die Reichseinheit wieder her. 774 besiegte er Desiderius und setzte sich selbst die Konigskrone der Langobarden auf. 778 gliederte er auch das bis dahin weitgehend selbststandige Bayern in sein Reich ein. Die Sachsen hingegen konnten erst in einem uber dreissig Jahre dauernden Krieg unterworfen werden. Auch in andere Richtungen sicherte und erweiterte Karl sein Reich. Anlasslich eines Aufenthaltes in Rom wurde er am Weihnachtage 800 von Papst Leo III. zum Kaiser der Romer gekront. Die fuhrenden Adelsfamilien gewann er durch die Ubertragung von Amter, so dass man schon in dieser Zeit von einer Reichsaristokratie sprechen kann. Eine auf lange Sicht zu verlassigere Verfechtern (=Verteidigung) des Reichsgedanken aber wurde die Reichskirche, die Karl durch den Ausbau der Bistumsorganisation, durch Schenkungen, durch seine Sorge fur innere Reformen des kirchlichen und klostereichen Lebens forderte. An seinem Hof versammelte Karl die bedeutendesten Gelehrten der Zeit. Die von diesem Kreis ausgehenden Impulse fuhrten zu einem Aufschwung von Bildung, Wissenschaft und Kunstpflege. Am 28. Januar 814 starb Karl der Grosse in Aachen. 1.18. Sachsenkriege Uber dreissig Jahre, von 772 bis 804, dauerten die kriegerischen, nach kurzen Friedenszeiten immer wieder neu ausbrechenden, blutigen Auseinandersetzungen Karls des Grossen mit den heidnischen Sachsen , die das weite Gebiet zwischen Nordsee und Harz, zwischen Rhein und Elbe bewohnten. Dem Stil des kirchlich gepragten Mittelalters entsprechend mussten die Sachsen als Angehorige des Frankischen Reiches Christen werden. Dass sie jedoch zur Taufe gezwungen wurden, war ungewohnlich und erregte Kritik. Die Zerstorung der Irminsul, eines Heiligtums der Sachsen (ein saulentragender Holzstamm, der die das Himmelsgewolbe (небосвод) tragende Weltsaule darstellen sollte), rief 772 den Widerstand des ganzen Volkes hervor. An ihrer Spitze stand der westfalische Adlige Widukind. Wahrend nach und nach Teile des sachsischen Adels auf die frankische Seite uberwechselten und sich taufen liessen, setzte Widukind den Wiederstand fort. Selbst so drakonische Strafmassnahmen Karls wie Hinrichtigung (казнь) einer grossen Zahl Aufstandischer 782 bei Verden an der Aller vermochten den Widerstand der Sachsen nicht zu brechen. Wahrend Widukind 785 aufgab und zum christlichen Glauben ubertrat, kam es noch bis 804 zu immer aufflackernden (вспыхивающие) Unruhen. Trotz aller Brutalitat des Vorgehens in der kriegerischen Auseinandersetzungen suchte Karl die Versohnung (примирение) zwischen Franken und Sachsen, die in dem 802 aufgezeichneten sachsischen Volksrecht zum Ausdruck kam. Der Aufbau einer kirchlichen Organisation mit der Einrichtungen von Bistumern in Bremen, Minden, Verden, Munster, Osnabruck und Paderborn festigte und vertiefte allmahlich auch die Christianisierung des sachsischen Volkes. Wenig mehr als ein Jahreshundert spater ging aus dem Stamm der Sachsen die Dynastie hervor, unter deren Herrschaft das ostfrankische Reich sich zum deutschen Reich entwickelte. 1.19. Kaiserkronung Den Ansto? zur Begrundung des Kaisertums Kars des Grossen gaben innerromische Wirren (раздор), die den Frankonig zum Eingreifen zwangen: Papst Leo III. Wurde 799 von einer Adelsopposition in Rom abgesetzt, doch er floh zu Karl nach Paderborn und erbat seiner Schutz. Aber auch Leos Gegner wandten sich an den Konig, so dieser in eine schwierige Lage geriet. Im Herbst 800 reiste Karl nach Rom. Nachdem sich der Papst durch einen Reinigungseid (присяга) von den Anklagen seiner Gegner befreit hatte, setzte er Karl wahrend des Weihnachtsgottesdienstes in der Basilika eine Krone auf, wahrend das anwesende romische Volk durch Akklamation (Zuruf) den Kronungsakt bestatigte. Nach der Kaiserkronung kehrte Karl ins Frankreich zuruck. Der Titel “Imperator“ musste auf den Widerstand des byzantinischen Kaisers treffen, der sich als einziger legitimer Kaiser verstand. 1.20. Das Frankreichs Karls des Grossen Als Karl der Grosse im Jahre 814 starb, hinterliess er seinem Nachfolger ein riesiges, weitgehend gefestigtes Reich; dessen Grenzen waren gegen Einfalle der benachbarten Volker militarisch abgesichert, in denen die Markgrafen mit Sonderbefugnissen (особые полномочия) ausgestattet waren. Im Sudwesten des frankischen Herrschaftsgebietes, im Suden der Pyrenaen, war als Schutzwall gegen die Araber die “Spanische Mark“ eingerichtet worden. Zwischen Raab und Donau wurde “Pannonische Mark“ errichtet, gegenuber den Slawenvolkern – “Sorbische Mark“, an Nord- und Ostsee – “Danische Mark“, an der Nordwestgrenze – “Bretonische Mark“. Um das Riesenreich uberhaupt verwalten zu konnen, wurden die schon aus der merowingischen Zeiten stammenden Grafschaften auch auf die nichtfrankischen Gebiete ausgedehnt. Die Grafen als vom Konig eingesetzte Amtstrager waren militarische Befehlshaber und Richter, sie hatten die Polizeigewalt und die Aufsicht (надзор) uber das Verkehrswesen und die Markte. Ihre Amtsfuhrung liess Karl von Zeit zu Zeit durch konigliche Kontrolleure uberprufen. Die Rivalitat der grossen Adelsfamilien untereinander und gegenuber dem Konigtum konnte nur von starken Herrschaftspersonlichkeiten wie Karl dem Grossen zuruckgedrangt werden. Das Zentrum von Konigsherrschaft und Reichsverwaltung bildete der konigliche Hof, an dem es seit langem feste Hofamter gab, vor allem die vier Hausamter, denen die Versorgung des Hofes, die Verwaltung des koniglichen Schatzes sowie militarische und sonstige Aufgaben oblagen (<вменяться в обязанность). Daneben hatte der Konig personliche Freunde und Ratgeber in seiner Umgebung, die er auch mit politischen und diplomatischen Missionen betrauen konnte. Die Wirksamkeit dieses Zentrums hing jedoch dem personenbezogenen Charakter der mittelalterlichen Herrschaft entsprechend von der Autoritat des Konigs ab. 1.21. Kaiserpfalz/Aachen Karl der Grosse besass, wie alle mittelalterlichen Herrschen, keine feste Residenz. Er zog mit seinem Gefolge, zu dem auch die Familie gehorte, von Pfalz zu Pfalz, um seine herrscherlichten Amtshandlungen auszufuhren. Diese Pfalzen waren grosse und leistungsstarke bauerliche Guter (=Besitztum), die den Konig mit seinem gesamten Gefolge wahrend Aufenthaltes wirtschaftlich versorgten. Hier stellte er Urkunden aus und hielt Gerichtstage ab, hier empfing er auch Gesandte fremder Machte. Karls Lieblingsplatz wurde Aachen. Dort war in der Mitte des 8. Jahrhundertsein konigliches Hofgut entstanden, das Karl, der seit 794 mit kurzen Unterbrechungen fast standig in Aachen weilte (>находиться) – nicht zuletzt wegen der warmen Quellen, - mit prachtvollen Bauten ausstatten, zur Kaiserpfalz ausbauen liess. Die nach dem Vorbild byzantischer Zentralbauten gestaltete achteckige Pfalzkapelle mit dem aus Marmorplatten bestehenden Tronsitz des Kaisers im Obergeschoss bildet noch heute den Mittelpunkt des Aachener Munsters. Das benachbarte Rathaus steht auf dem Fundament der alten frankischen Konigshalle. 1.22. Lehnswesen (=Besitztum, das ein Lehnsherr einem Vasallen verliehen hat) und Grundherrschaft Der mittelalterliche Staat war ein “Personenverband“, er beruhte (основываться) auf dem personlichen Verhaltnis zwischen dem Herrscher und dem von ihm in unterschiedlicher Weise und vielfachen Abstufungen abhangigen Volk Im Frankischen Reich war der machtigste – der Konig. Neben ihm gab es eine dunne Fuhrungsschicht von Grundherren; auch die stark aristokratisch gepragte Kirche besass viele Landereien. Der Grossgrundbesitz von Konig, Adel und Kirche war grundherrschaftlich organisiert. Kennzeichnend fur die Grundherrschaft waren die sogenannten Fronhofsverbande. Sie bestanden aus einem vom Grundherrn betriebenen zentralen Fronhof und von Unfreien verschiedenster Abstufung selbstandig bewirtschafteten Bauerngutern. Diese Unfreien, die man Grundholde nennt, waren dem Grundherrn zu Abgaben und Arbeitsleistungen (Fronen) verpflichtet und unterstanden seiner Gerichtsbarkeit. So entstand das Lehnwesen aus der Verschmelzung von Landleihe und personlicher Treue und Gefolgschaft, der sogenannten Vasalliditat. Der Lehnvertrag wurde auf Gegenseitigkeit abgeschlossen, meist symbolisch dadurch, dass der Lehnsmann seine Hande in die des Lehnsherrn legte. Der Lehnsmann verpflichtete sich zu Dienst und Treue, der Lehnsherr ubergab das Lehen und versprach Schutz und Treue. Der Lehnvertrag endete erst mit dem Tod eines der Partner, doch auch Untreue des einen entband den anderen seiner Treuepflicht. Die Grossen des Reiches standen damit als konigliche Vasallen in einem Abhangigkeitsverhaltnis zum Herrscher, aber sie waren auch einerseits als Amtstrager, als Grafen, als Markgrafen, als Pfalzgrafen und Konigsboten (курьер), andererseits als Besitzer eigener Grundherrschaften mit grossen Machtfulle ausgestattet. Sie selbst konnten sich durch Vergabe von Land, Rechten und Amtern Untervasallen schaffen und damit einen eigenen Machtapparat aufbauen. So setzte sich trotz der Bindung des Lehens an die personlichen Elemente Treue und Vasallitat seit dem 9. Jahrhundert die faktische Erblichkeit (наследственность) der Lehen durch. Wegen der zentralen Rolle von Grundherrschaft und Lehenswesen hat man der Gesellschaftsform des Mittelalters den Namen “Feudalismus“ gegeben. 1.23. Reichsteilungen 843/870 Die frankische Tradition der Herrschaftsteilung kam beim Tode Karls des Grossen 814 nicht zur Geltung und schien mit der sogenannten Ordinato Imperii (Reichsordnung) Ludwigs des Frommen von 817 vollends dem Gedanken der Reichseinheit zu weichen, aber der Kaiser selbst loste mit der Anderung der Nachfolgregelung zugunsten jungsten Sohnes Karl des Kahlen Sreitigkeiten aus, die schliesslich doch zur Teilung des Reiches fuhrten. Nach dem Tod des Vaters 840 verbundeten sich Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle gegen den kaiserliche Rechte beanspruchenden (претендующий) Lothar I. Der Bruderkrieg wurde 843 mit dem Teilungsvertrag beigelegt (улажена). Lothar I erhielt Italien, Karl der Kahle behielt den westlichen, Ludwig der Deutsche – den ostlichen Teil. Die Reichseinheit blieb nominell gewahrt. Die beabsichtigte Vereinigung von West- und Ostfrankischem Reich gelang nur 885 unter Kaiser Karl III dem Dicken, einem Sohn Ludwigs des Deutschen. Die in den Vertragen von Verdun und Ribemont (880) nach Westen verschobene Grenze zwischen Teilreichen blieb uber das Mittelalter hinaus im wesentlichen bestehen. Daten Ereignisse 113-101 v.Chr. Kampe der Romer mit Kimbern und Teutonen 58 v.Chr. Sieg Cesars uber Sweben Ariovist bei Mulhausen 12-9 v.Chr. Germanenkriege des Drusus 4-6 n.Chr Germanenkriege des Tiberius 9 n.Chr. Schlacht im Teutoburger Wald 69-70 Aufstand des Batavers Civilis Ab 90 Bau des Limes 98 Tacius’ “Germania“ 166-180 Markomannenkriege Mark Aurels 375 Hunneneinbruch (Zerstorung des Gotenreiches) L 410 Plunderung Roms durch die Westgoten J 419-711 Westgotenreich (bis 507 um Toulouse, dann in Spanien) 429-534 Vandalenreich in Nordafrika 443-534 Burgunderreich in den Westalpen 453 Tod Attilas 455 Plunderung Roms durch die Vandalen 476 Absetzung des letzten westromischen Kaisers durch den Skiren Odoaker 482-511 Chlodwig Konig der Franken 486 Sieg Chlodwigs uber den romischen Statthalter Syagrius 493-526 Theodorich der Grosse Ostgotenkonig in Italien 496 Taufe Chlodwigs 507 Verdrangung der Westgoten aus Gallien durch Chlodwing L 531 Vernichtung des Thuringerreiches durch die Franken 534 Vernichtung des Burgunderreiches durch die Franken 534 Vernichtung des Vandalenreiches durch Byzanz J 535-553 Ostgotenkriege Kaiser Justians des Grossen 568-774 Langobardenreich in Italien 687 Sieg Pippins des Mittleren bei Tertry 711 Vernichtung des Westgotenreiches durch die Araber L 741-768 Pippin der Jungere 754 Pippinische Schenkung 5. Juni 754 Martyrertod des Bonifatius 768-814 Karl der Grosse 772-804 Sachsenkriege 774 Vernichtung des Langobardenreiches durch Karl den Grossen 25. Dez 800 Kaiserkronung Karls des Grossen 843/870/880 Teilungsvertrage von Verdun/Meersen/Ribemont 843-876 Ludwig der Deutsche ostfrankischer Konig 900-911 Ludwig das Kind (letzter ostfrankischer Karolinger) Kapitel 2: Von der Entstehung des Deutschen Reiches bis zum Ende der Stauferzeit 1254 //Штауфены=династия германских королей и императоров Рим Империи в 1138-1254 2.1. Die Entstehung des Deutschen Reiches Seit dem fruhen 10. Jahrhundert kann man von einem Deutschen Reich sprechen. Seine Entstehung hatte sich bis dahin uber einen langeren Zeitraum vollzogen. Das Konigsreich, das man seit dem 11. Jahrhundert “Reich der deutschen“ zu nennen begann, hiess damals noch “Ostfrankreich“. Es hiess nicht deshalb so, weil es nur von Franken bewohn gewesen ware, sondern weil es aus dem Frankreich hervorgegangen war. Ludwig der Deutschen herrschte als Konig uber die Bayern, Schwaben, Rhein- und Mainfranken, Thuringer und Sachsen. Schon den Zeitgenossen war bewusst, dass die Bewohner von Ludwigs Ostfrankreichs sich von denen im Reich seines Bruders Karls des Kahlens (Konig der Westfranken) durch ihre Sprache unterschieden. Der grosste Teil des Gebietes, das sie bewohnten, hatte nicht zum Romischen reich gehort, und das Lateinische war dort nicht wie im Westen Grundlage der Landessprache geworden. Das Reich Kars des Deutschen wurde entsprechend frankischen Teilungsbrauch unter seine Sohne in drei Konigsreiche aufgeteilt, so wie es dann spater, als es keine anderen erbberechtigten Nachkommen gab, in Konig Ludwig dem Kind wieder einen einzigen Konig hatte. Im Jahre 911 starb nun auch er, ohne Sohne zu hinterlassen. Nur im Westfrankreich gab es noch einen Konig aus dem Geschlecht Karls des Grossen. Die ostfrankische Stamme entschieden sich gegen den westfrankischen Karolinger und damit fur die Eigenstandigkeit ihres reiches gegenuber dem Westen: Sie wahlten Konrad, den Herzog der Franken, zum Konig. Konig Heinrich I. (919-936), der Nachfolger Konig Konrads, hatte bei seinem Tode mehrere regierungsfahige Sohne. Aber nur alteste Sohn, - Otto, wurde Konig. Der frankische Brauch, das Reich unter die Konigssohne aufzuteilen, wurde also nicht mehr befolgt. Mit Regierungsantritt Ottos I. war erwiesen, dass die Gebiete, die zusammenfassend Ostfrankenreich genannt hatte, im Innern und nach aussen eine Einheit darstellen. 2.2. Stammesherzogtumer Bei dem Festmahl, das die feierliche Konigskronung Ottos I. 936 in Aachen beschloss, waren fur alle sichtbar vier Manner aus der Menge der anwesenden geistlichen und weltlichen Grossen herausgehoben: die Herzoge der Lothringer, der Franken, der Schwaben (Alemannen) und der Bayern. Sie waren die symbolische Ehrendienste beim Kronungsmahl als Kammerer (казначей), Truchsess (Vorstand der Kaiser. Hofhaltung), Mundschenk (?) und Marschall; dadurch wurde gezeigt, dass die vier Herzoge die nachsten beim Konig waren. Schon bei den beiden vorangegangenen Konigswahlen waren die Herzoge als Handelnde in Erscheinung getreten: Konrad I. war im Jahre 911 von Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern gewahlt worden. Das altere Stammesherzogtum (ducatus) war der Amtsbereich eines vom Konig eingesetzten “dux“ (Heerfuhrer). In den ostrheinischen Gebieten bildeten die von Franken unterworfenen Volkerschaften (Bayern, Alemannen und Thuringer) die Grundlage fur die Abgrenzung eines Dukats. Es war Erfolg der Zentralgewalt, die Herzoge als Zwischeninstanzen im 8. Jahrhundert wieder beseitigen zu konnen. 2.3. Ottonen Das fruhere Mittelalter kannte keine Familiennamen. Um die familienmassige Zusammengehorigkeit von Personen erkennbar zu machen, hat die neuzeitliche Geschichtsschreibung aus familientypischen “Leitnamen“ Geschlechternamen konstruiert. Der Sachsenkonig Heinrich, der im Jahre 919 ostfrankisch-deutscher Konig wurde, war der erste “Ottonen“ auf dem Konigsthron. Der Geschlechtername ist von Heinrichs Sohn und Nachfolger Otto I. (936-973) und von dessen gleichnamigem Sohn Otto II (973-983) und Enkel Otto III (983-1002) abgeleitet. Bei Ottos III. Kinderlosem Tode folgte mit Heinrich II. sein nachster mannlicher Verwandter als Konig. Mit ihm erlosch das sachsische Konigsgeschlecht der Ottonen im Jahre 1024. Der bedeutendste Ottonennherrscher war Otto I. Der Grosse. Er begrundete die Tradition der Verbindung von ostfrankisch-deutscher Konigswurde und Kaisertum. Als Kronungsort wahlte er Aachen und am Ende der Kronungszeremonie nahm er Platz auf dem steinernen Thron Karls des Grossen, so dass er sich unmittelbar in der Nachfolge Karls des Grossen sah. Dazu gehorte auch die Eroberung des langobardisch-italischen Reiches, die Otto im Jahre 951 mit der Konigskronung in Pavia abschloss. Sein grosser Ungarnsieg in der Schlacht auf dem Lechfeld erwies Otto I. als fahiger Verteidiger der lateinischen Christenheit. So war die Kaiserkronung, die Papst Johannes XII. Am 2. Februar 962 in Rom vollzog, in Ottos herrscherlichem Selbstverstandnis und in seiner Politik lange vorbereitet. Wie Karl der Grosse sah auch Otto der Grosse die Heidenmission als Aufgabe des christlichen Kaisers an. Nach vielen Muhen und Ruckschlagen erreichte er 968 die Grundung eines Erzbistums in Magdeburg, das als Missionserzbistum in die slavischen Gebiete hineinwirken sollte. Otto des Grossen Sohn Otto II. fuhrte im wesentlichen die von seinem Vater vorgezeichnete Linie der Politik weiter. Otto III. aber wollte anderes und mehr: Erfuhlt von einer schwarmerischen (мечтательный) Begeisterung fur die romische Antike, wollte er die Stadt Rom wieder zum Zentrum der Welt machen, Rom als Sitz von Papst und Kaiser, als Mittelpunkt von Christentum und Weltherrschaft, zu unvergleichlicher Grosse fuhren. Damit ist Otto III. gescheitert. Sein Nachfolger Heinrich II. verlegte den Schwerpunkt seiner Herrschaft wieder in den ostfrankisch-deutschen Bereich nordlich der Alpen, kehrte in die Bahnen Ottos I. zuruck. 2.4. Wikinger/Normannen Wikinger bedeutet ”Manner auf grosser Fahrt”; Normannen bezeichnet die gleichen Leute als sie, die aus Norden kommen. Beidesmal sind Norweger, Danen und Schweden gemeint, und zwar dann, wenn sie ausserhalb ihrer Heimat Skandinavien in Erscheinung treten. Das wikingische Zeitalter der Beute-, Handels-, und Eroberungsfahrten reicht vom Ende 8. bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts. Die Wikinger waren Seekrieger. Die Seetuchtigkeit ihrer Schiffe machte fur sie alle Kusten und Binnengewasser Europas und der den Nordatlantik begrenzenden Lander erreichbar. Die ersten Nachrichten von wikingischen Uberfallen stammen aus England: im Jahre 793 wurde Kloster Lindisfarne an der nordlichen Ostkuste Englands uberfallen und ausgeplundert. In etwa der gleichen Zeit werden die ersten Wikingeruberfalle im Sudwesten Englands gemeldet und wenig spater in Irland und an der Atlantikkuste des Frankreiches. Die Beute an Schatzen aus Edelmetall, an Sklaven und Losegeld fur Gefangene spornte (<поощрять) die Wikinger an, die anfanglich vereinzelten Raububerfalle zu intensivieren: im 9. Jahrhundert schlugen Wikingerheere feste Standlager auf , um zu uberwintern und die Lander systematisch nach Beute zu durchkammen. Dann wurden die Lager zu Siedlungen ausgebaut; die Wikinger kamen als Einwanderer (переселенец), errichteten eigene Herrschaften im Osten und Norden Englands, in Irland, im Nordwesten des Frankreiches und erzwangen (>вынуждать) deren Anerkennung durch die einheimische Konige. Im Osten Europas, an den grossen Wasserwegen von Dnepr, Duna und Wolga grundeten schwedische Wikinger (Warager) im 9. Jahrhundert in den slawischen Gebieten Herrschaftssitze. Aber es waren nicht nur die besiedelten Lander Europas, die wikingische Einwandern anlockten. Um 860 entstanden die ersten Wikingersiedlungen in Island, von dort aus grundeten sie um das Jahr 980 zwei Niederlassungen (поселение) in Gronland, die bis etwa 1500 bestanden, und von Gronland aus erreichten sie um das Jahr 1000 die Kusten Nordamerikas. 2.5. Die Schlacht auf dem Lechfeld Am 10. August 955 kampfte ein deutsches Heer unter Konig Otto I. gegen ein zahlenmassig Reiterheer der Ungarn auf dem Lechfeld sudlich von Augsburg. Konig Otto hatte dem Tagesheiligen des 10. August, dem heiligen Laurentius, die Grundung eines Bistums in Merseburg gelobt, wenn Christus durch seine Furbitte (просьба) den Sieg gewahren wurde. Unter der Fahne des Erzengels Michael zog das nach Stammen gegliederte deutsche Heer in die Schlacht. Der Sieg galt denn auch als ein Geschenk Gottes, zugleich aber als besondere Ruhmestat Ottos. Fur das fruhmittelalterliche Europa bedeutete der Sieg eine Wende: Das nomadische Reitervolk der Ungarn hatte seit der 2. Halfte des 9. Jahrhunderts vom Balkan aus die Lander Europas in regelmassigen Beutezugen heimgesucht, die bis nach Frankreich, Norditalien und Byzanz fuhrten. Besonders war das den Ungarn nachstgelegene ostfrankisch-deutsche reich den Uberfallen ausgesetzt gewesen, bayerische und sachsische Heere waren vernichtet worden. Nach der Schlacht auf dem Lechfeld wurden die Ungarn an Theiss und mittlerer Donau sesshaft (>оседлый), offneten ihr Land bald der romisch-christlichen Mission und gehorten seither zur Volkerfamilie der lateinischen Christenheit. 2.6. Reichskirche Unter der “Reichskirche“ versteht man die Gesamtheit der Kirchen, die im fruh- und hochmittelalterlichen deutschen Reich auf dem Grundbesitz des Konigs als des Herrn des Reiches errichtet waren und seiner unmittelbaren Herrschaft unterstanden. Die Grundherrschaft stellt sich als ein Wechselverhaltnis von Gabe und Gegengabe dar, in das auch die Kirchen eingebunden waren. Kirchen und Kloster dienten ihren Herren durch ihre wichtigste Gabe, durch ihre Gebete und Furbitten, und wurden dafur mit Landbesitz ausgestattet, die im Obereigentum des Herrn blieben. Ein geistlicher und weltlicher Grosser, der auf seinem Grund und Boden eine Kirche errichtete, war der Herr dieser Kirche, sie war sein Eigen, uber das er verfugen konnte. Entsprechend war auch der Konig Herr von Kirchen, namlich von denjenigen Kirchen und Kloster, die auf Konigs- bzw. Reichsgut errichtet waren. Die zum Reich gehorenden Kirchen und Kloster schuldeten dem Konig ausser Gebeten und Furbitten auch Panzerriter fur das konigliche Heer. Als “Gesalbter des Herrn“ galt er als Beauftragter (Stellvertreter) Gottes im christlichen Volk. Dadurch war er aus der Menge der Laien herausgehoben, galt den Kirchen als der ihnen bestellte Verteidiger von der Gefahren der Welt. 2.6. Italienpolitik Die Italienpolitik der ostfrankisch-deutschen Herrscher traf in Italien auf die konkurrierenden Rechtsanspruche und Interessen anderer Machte. Diese Politik knupfte bewusst an das Vorbild der karolingischen Frankenkonigen an und hat von daher zwei Grundkomponenten: Zur Italienpolitik gehorte einmal die Beziehung zum Papstum. Otto I liess sich in Anknupfung an das Vorbild Karls des Grossen im Jahre 962 zum Kaiser kronen. Seither galten die ostfrankisch-deutschen Konige als “Verteidiger der romischen Kirche“ und ihrer Weltlichen Besitzungen; ein Italienzug zur Kaiserkronung nach Rom gehorte von da an zum festen Bestandteil deutscher Konigspolitik. Die zweite Komponente deutscher Italienpolitik war die Eroberung des ehemaligen Langobardenreiches durch Otto I., auch dies in Nachahmung (подражение) Karls des Grossen. Seither war der deutscher Konig zugleich “Konig der Langobarden“, waren also “Reichsitalien“ und Deutsches Reich in Personalunion miteinander verbunden. Zu Reichsitalien gehorten vor allem die Gebiete nordlich des “Petrimonium Petri“ (=Kirchenstaat). Da aber der deutsche Konig als Konig der Langobarden beanspruchen konnte, Konig der sudlich von Rom gelegenen langobardischen Furstentumer zu sein, ergaben sich die Konflikte mit den Byzantinern, die Suditalien als ihren Einflussbereich betrachteten, und seit dem 11. Jahrhundert eroberten sie mit den Normannen die langobardischen Furstertumer und Suditalien mit Sizilien zusammenschlossen. Im Jahre 1186 heiratete der deutsche Konig HeinrichVI. die Erbin des Konigsreiches Sizilien. Mit Ausnahme des Kirchenstaates unterstand damit ganz Italien dem deutschen Konig. Die Vereinigung des grossten Teils von Italien in der Hand des deutschen Konigs wurde 1254 durch den Tod des letzten Konigs aus dem Geschlecht der Staufer beendet. 2.8. Salier Als Heinrich II. im Jahre 1024 starb, erlosch (<погаснуть) das Konigsgeschlecht der sachsischen Ottonen im Mannesstamm. Bei der Wahl des neuen Konigs hielten sich die geistlichen und weltlichen Grossen des Reiches so nahe wie moglich an das altangestammte Konigshaus: Sie wahlten Konrad, den altesten mannlichen Verwandten des Ottonengeschlechts in weiblicher Abstammung. Konrad war Graf in der Gegend um Speyer und besass dort Familiengut. Als Konig folgte Konrad II. den traditionellen Linien fruhmittelalterlicher Konigsherrschaft: Er suchte die koniglichen Rechte und Besitzungen zu wahren, wurde 1027 in Rom gekront und zeigte sich als mildtatiger frommer Konig durch die Grundung des Speyerer Domes als Familiengrablege. Von den neuen Zeitstromungen einer ernsthafteren Frommigkeit wurde erst sein Sohn Heinrich III. Erfasst, der ihm 1039 im Konigtum folgte und zusammen mit seiner frommen Gemahlen Agnes die machtig einsetzendes Bestrebungen der Kirchenreform forderte. Heinrich III. Starb im Alter von 39 Jahren im Jahre 1056; sein damals sechsjahriger Sohn Heinrich IV. Folgte ihm nach. Im Verlaufe des Investiturstreits kam es zu einer Verbindung von Heinrichs kirchlichen Gegnern mit einer grossen innerdeutschen Adelopposition, die in Sachsen ihr Zentrum hatte. Heinrich IV. musste im Jahre 1077 den Bussgang nach Canossa antreten, um sein Konigtum zu retten. Trotzdem wahlten die deutschen Fursten den Schwabenherzog Rudolf zum Gegenkonig, dem gegenuber allerdings Heinrich auf die Dauer die Oberhand (преимущество) gewinnen konnte. Es war dann nicht der Kampf mit der Kirche, sondern vielmehr ein Aufstand seines Sohnes Heinrich V., der ihn 1105 sein Konigtum kostete. Heinrich V., der als verschlagener (хитрый) Taktiker geschildert wird, gelang es, den Investiturstreit durch das Wormser Konkordat von 1122 zu beenden. Mit seinem kinderlosen Tod im Jahre 1125 fand die Konigsherrschaft der Salier ihr Ende. 2.9. Kirchenreform und Religiositat Zunehmende Kritik an Misstanden in der Kirche fuhrte in der Mitte des 11. Jahrhundert zu einer Reformbewegung, die alle Lander Europas erfasste. Die Kritik richtete sich vor allem gegen die Verweltlichen des Klerus, der sich die Guter der Kirche aneinigte, ohne seinen geistlichen Pflichten nachzukommen. Die Verbreitung der Reformvorstellungen in der romischen Kirche schlug sich in den Vorschriften der Synoden Leos IX. Und seiner Nachfolger nieder (<проявляться). 2.10. Investiturstreit Der Investiturstreit ist die Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und den Konigen Europas um das Recht der Investitur (Einsetzung) der Bischofe, in die die deutschen Konige besonders stark verwickelt waren. Nach altuberliefertem Brauch setzte der deutsche Konig die Bischofe seines Herrschaftsbereichs durch die Ubergabe von Rings und Stab (жезл) in ihr Amt ein. Da man den Kandidaten durch den Willen Gottes vorher bestimmt sah, bestand kein Bedurfnis nach einer klaren Regelung des Wahlverfahrens. Das bedeutete, dass dem Konig als dem “Gesalbten des Herrn“ auch eine ausschlaggebende Rolle bei der Feststellung des Willens Gottes und damit bei der Auswahl des neuen Bischofs zukam. Diese Praxis erregte lange keine Anstoss, zumal (тем более) die Reichskirche nicht nur geistliche, sondern auch weltlich-herrschaftliche Funktionen im Reich wahrzunehmen hatte und beide Bereiche nicht klar getrennt wurden. Als in der Mitte des 11. Jahrhunderts die Anhanger der Kirchenreform die Vergabe von Kirchenamtern durch Laien als Missbrauch anzuprangern (<клеймить) begannen, bezogen die wenigsten auch die konigliche Investiturpraxis in diese Kritik mit ein. Papst Gregor VII. Sprach ein allgemeines Investiturverbot aus, ohne auf die Tatsache Rucksicht zu nehmen, dass die Reichsbischofe als Reichsfursten ja auch weltliche Funktionen wahrnahmen. Eine Losung des Problems wurde dadurch moglich, dass man begrifflich klar zwischen geistlichem und weltlichem Bereich zu unterscheiden lernte und auf dieser Grundlage im Wormser Konkordat von 1122 einen doppelten Einsetzungsakt fur die Reichsbischofe als gultige Rechtsform anerkannte. 2.11. Canossa Canossa, eine Burg im Apennin, war im Januar 1077 Schauplatz der Kirchenbusse (покояние) Konig Heinrichs IV. vor Papst Gregor VII. Konig Heinrich erreichte dadurch die Losung vom Kirchenbahn (=Anathema), den der Papst zuvor uber ihn verhangt hatte. Papsttum und Konigtum hatten in Mailand verschiedene Kandidaten fur das Amt des Erzbischofs unterstutzt. Um seiner Auffassung (мнение) Nachdruck zu verleihen, dass sich die konigliche Partei mit dem Widerstand gegen den papstlichen Kandidaten ins Unrecht setze, hatte der Papst die verantwortlichen koniglichen Rate 1073 exkommuniziert (=Anathema). Obwohl jedem Christen der Umgang mit Exkommunizierten bei Strafe der eigenen Exkommunikation verboten war, trennte sich Konig Heinrich nicht von seinen Raten. Im Dezember 1075 nun forderte der Papst eine klare Entscheidung: In ultimativer Form verlangte er von Heinrich Trennung von den Raten und Unterwerfung unter das papstliche Urteil. Das Brief erreichte Heinrich, als er gerade einen Sieg uber die aufstandischen Sachsen glanzvoll feierte. Zusammen mit seinen Bischofen sagte er Pappst Gregor von Worms aus den Gehorsam auf und forderte ihn auf, vom papstlichem Stuhl herabzusteigen. Gregor VII., der sich als Stellvertreter des Apostelfursten erklart hatte, wertete das als gotteslasterliche (<клевета) Anmassung (дерзость) und reagierte entsprechend: In einem Gebet an den Apostel Petrus setzte er seinerseits Konig Heinrich ab und exkommunizierte ihn. Als dieses Urteil bekannt wurde, erzitterte die Erde, denn dass ein “von Gottes Gnaden“ regierender Konig aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen und abgesetzt wurde, das hatte es doch nicht gegeben. Konig und Papst hatten damit gegenseitig die Legitimitat abgesprochen. Es zeigte sich bald, dass das Wort des Papstes mehr bewirkte als das des Konigs: die Anhangerschaft Heinrichs in Deutschland schmolz (>расплавиться) dahin. Heinrichs alte Gegner aus dem sachsischen Aufstand drohten mit der Wahl eines Gegenkonigs fur den Fall, dass er Heinrich nicht gelangen, sich binnen Jahresfrist vom Bann zu losen. Statt aber die Losung vom Bann durch Verhandlungen zu erreichen, wahlte Heinrich einen Weg, den wohl niemand erwartet hatte: Mitten im Winter uberquerte er die Alpen und erflehte (<вымаливать) im Bussergewand die Vergebung des Papstes in Canossa. Dem reuigen (<покаяние) Busser durfte Gregor als Seelenhirte die Absolution nicht verweigern (отказывать). 2.12. Wormser Konkorad Am 23. September 1122 schlossen Legaten (назначавшийся сенатом посол или уполномоченный) im Auftrag Papst Calix’s II. mit Konig Heinrich V. in Worms einen Vertrag, durch den der Investiturstreit im Reich beendet wurde. Die konigliche und papstliche Seite erklarten, auf was sie in Zukunft verzichten wollten. Heinrich V. verzichtete auf die “Investitur mit Ring und Stab“ und gestand kanonische Wahlen und freie kirchliche Weihen (посвящение )zu. Der Papst wiederum erkannte an, dass in Deutschland die Wahl der Reichsbischofe in Gegenwart des Konigs stattfinden sollte. Beide Schriftstucke zusammen enthalten die Annerkennung beider Parteien, dass ein Reichsbischof Verpflichtungen sowohl gegenuber der Kirche als auch gegenuber dem Reich hatte. 2.13. Stadtgemeinde und Burgerfreiheit Gemeinde kommt von gemein, gemeinsam und entspricht dem Wort “Kommune“. Seit dem spaten 11. Jahrhundert begannen die Burger stadtlicher Siedlungen, im Innern ihre gemeinsamen Angelegenheiten wie Marktaufsicht, Zolle, Steuern, Mauerbau, Stadtverteidigung und Rechtssprechung durch eigene Beauftragte zu regeln. Alles dies war vorher Sache des Stadtherrn gewesen. Nicht alle Stadtbewohner, sondern nur die, die Burgerrecht besassen, gehorten zu Gemeinde. Oft war die Voraussetzung fur den Burgerstatus der Besitz von Grund und Boden in der Stadt. Die Juden als Nichtkristen standen genauso ausserhalb der Burgerschaft wie der Klerus und die Insassen der Kloster. Der Zugang zum rat der Stadt und zu den Magistraten war lange den ratsfahigen Familien vorbehalten, dem Patriziat der Stadte, das sich aus reichen Kaufleuten zusammensetzte. Erst in den Zunftkampfen (цех) des 14. Jahrhunderts erlangten die Handwerker den Zugang zu Rat und stadtischen Regierungsamtern. 2.14. Kreuzzuge Die Kreuzzuge waren bewaffnete Pilgerfahrten (<паломник), vor allem zur Befreiung und Sicherung Heiligen Statten der Christenheit in Palastina. Die Kirche gewahrte dafur den Ablass. Der erste Kreuzzug nach Palastina wurde durch Papst Urban II. ausgelost, der 1095 in einer flammenden rede auf dem Konzil von Clermont die Bedruckung der christlichen Bruder im Osten durch die “Unglaubigen“ beklagte und Arme wie Reiche zur bewaffneten Hilfe aufrief. Papst Urban hatte vor allem die christliche Ritterschaft Sud- und Mittelfrankreichs, Flanders, der Normandie und Lothringens zum Kreuzzug aufgerufen. Aber auch zusammengelaufenes Volk nahm das Kreuz und walzte sich als undisziplinierter Haufe durch das Land, der zunachst einmal die Aggressionen bei heimischen Nichtchristen, den judischen Gemeinden austobte. Der erste Kreuzzug wurde von den ersten Judenpogromen des Mittelalters begleitet. Die Ritterheere, die 1096 aufgebrochen waren, eroberten 1099 Jerusalem und errichteten dort das “lateinische Konigreich Jerusalem“, nicht ohne vorher ein furchtbares Blutbad in der Stadt angerichtet zu haben. Bedrangnisse und Gefahrdehrung des Konigreiches Jerusalem und der anderen Kreuzfahrerstaaten durch die islamischen Nachbarn fuhrten spater zu weiteren Kreuzzugen: Der Fall Edessas 1144 loste durch die mitreissende Predigten (увлекающие проповеди) des grossen Zisterzienserabtes (орден) Bernhard von Clairvaux den zweiten Kreuzzug aus, mit dem auch der deutsche Konig Konrad III. Ins Heilige Land zog. Als Jerusalem 1187 durch Sultan Saladin eingenommen wurde, leitete Friedrich Barbarossa aus seiner Vorstellung einer universalen Verantwortung des Kaisers als Schutzherr der westlichen Christenheit die Verpflichtung ab, den 3. Kreuzzug (1189-1192) anzufuhren. Es war das grosste Kreuzzug Unternehmen des Mittelalters. Nach dem Tod Friedrichs 1190 in der Ostturkei erreichte der englische Konig Richard Lowenherz durch Verhandlungen mit Saladin Zugestandnisse fur christliche Pilger, freilich ohne Jerusalem zuruckerobert zu haben. Die Kreuzzuge des 13. Jahrhunderts, wie der 4. Kreuzzug 1202-1204, bei dem das doch ebenfalls christliche Konstantinopel erobert wurde, und der Kinderkreuzzug von 1212, bei dem Tausende von Kindern durch betrugerische Machenschaften in die Sklaverei verkauft wurden, dienten immer offensichtlicher politischen Sonderinteressen. Als 1291 Akko, die letzte christliche Festung in Palastina, fiel, war das Zeitalter der Kreuzzuge endgultig vorbei. 2.15. Staufer Seit dem 12. Jahrhundert bezeugten (>удостоверять) die Angehorigen eines Adelsgeschlechts ihre Zusammengehorigkeit dadurch, dass sie ihrem Taufnamen den Namen ihrer Stammburg hinzufugten. Stammburg derer “von Staufen“ war die Burg Stauf auf dem Berg Hohenstaufen bei Goppingen. Heinrich IV. hatte in den Bedrangnissen des Investiturstreit den schwabischen Grafen Friedrich 1079 zum Herzog von Schwaben ernannt und ihm seine Tochter zur Frau gegeben. Mit ihm beginnt die Bedeutung der Staufer in der Reichspolitik. Aus dem Streit um die Thronfolge nach dem kinderlosen Tod des letzten Salierkonigs Heinrich V. (1125), entstand die Feindschaft zwischen den Staufern und dem swabischen Adelgeschlecht der Welfen, weil die Staufer als nachste Verwandte der Sailer die Konigsnachfolge beanspruchten, die Fursten aber den mit den Welfen verbundeten sachsischen Herzog Lothar von Supplinburg zum Konig wahlten (1125-1137). Burgerkrieg war die Folge, der in verscharfter Form weiterging, als statt Lothars welfischem Schwiegersohn 1138 der Staufer Konrad zum Konig gewahlt wurde. Die fortgesetzte Kampf gegen die Welfen und die Erfolglosigkeit des 2. Kreuzzuges, an dem er teilnahm, liess den Zeitgenossen die Regierungszeit Konrads III. (1138-1152) als besonders glucklos erscheinen, so dass sich die Regierung seines Neffen Friedrich so glanzvoll dagegen abhob. Friedrich Barbarossa (1152-1190) ist wohl bekannteste mittelalterliche deutsche Konig. Als er auf dem Kreuzzug im Fluss Saleph in Kleinasien ertrank, ging das Konigtum problemlos auf seinen bereits gekronten Sohn Heinrich VI. (1190-1197) uber, der zuvor seinen Herrschaftsbereich durch Heirat um das normannische Konigsreich Sizilien vergrossert hatte. Bei seinem Tod brach der stauflisch-welfische Gegensatz erneut auf: Mit der Doppelwahl von 1198 kam es zum Thronstreit, der schliesslich durch die Konigswahl Friedrichs, des Sohnes Heinrichs VI., beendet wurde. Er war in Sizilien aufgewachsen und kam 1212 uber die Alpen, um als Erbe seines Vaters die deutsche Konigskrone zu erringen (добиваться). Die Staufer gelten als das begabteste deutsche Herrschergeschlecht. Mit dem Namen staufischer Herrscher verband sich in Notzeiten die Hoffnung des Volkes auf Besserung. 2.16. Friedrich Barbarossa Als Konrad III., der erste Staufer auf dem Konigsthron, starb, wurde entgegen geltendem Brauch nicht sein unmundiger Sohn, sondern sein Neffe Friedrich zum Konig gewahlt, den man wegen seines rotlich-blonden Bartes schon zu Lebzeiten in Italien “Barba-rossa“ nannte. Als Sohn einer welfischen Mutter und eines staufischen Vaters brachte er die Jahrzehntentlangen die Auseinandersetzungen zwischen Staufern und Welfen zu einem friedlichen Ausgleich, so dass dem Geschichtsschreiber Otto von Freising Friedrichs Konigtum als der Beginn einer neuen Epoche des Friedens und der Grosse des Reiches erschien. Friedrich I. (1152-1190), der 1155 in Rom zum Kaiser gekront wurde , war ein glanzvoller, tatkraftiger Herrscher. Sein Leben lang hat er fur die “Ehre des Reiches“ gekampft. Da es kein Verzeichnis der Reichsrechte gab und auch keine Konige Verwaltung, war manches ausser Brauch geraten. Da traf besonders auf Italien zu , das die direkten Vorganger Friedrichs nur selten betreten hatten. Dort setzten sich die durch Handel und Gewerbe reich und selbstbewusst gewordenen Stadte gegen Friedrichs Anspruche zur Wehr. Unter Fuhrung des machtigen Mailand schlossen sie sich 1167 zum Lombardenbund zusammen, gegen den Friedrich jahrzehntenlang Krieg fuhrte. Als Kaiser sah Friedrich sich als den besonderen Schutzherrn der Romischen Kirche und des Papsttums. Im Jahre 1187 fiel Jerusalem in die Hande der Muselmanen. Der Kaiser nahm mit vielen anderen Rittern das Kreuzzug. Der Heidenkampf sollte die Kronung seines kristlichen Kaisertums sein. Friedrich Barbarossa ertrank aber im Fluss Saleph, bevor er das Heilige Land erreichte. 2.17. Fehdewesen und Landfrieden Im modernen Staat ist den Burgern eigenmachtige Gewaltanwendung bei Strafe untersagt. Niemand darf sich sein Recht auf eigene Faust nehmen. In einem Rechtsstreit entscheiden die staatliche Behorden das Urteil durch. Sie allein durfen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Gewalt anwenden. Dieses Monopol auf legitime Gewaltanwendung unterscheidet den modernen Staat von den politischen Ordnungen des Mittelalters. Im Fruhmittelalter war ein Rechtsstreit allein die Sache der streitenden Parteien. Wer sich in seinen Rechten gekrankt sah, fuhrte eine Fehde (вражда, тяжба) und mit ihm seine Verwandten und Freunde als Fehdehelfer. Die Fehde wurde nach dem Prinzip des Schadentrachtens gefuhrt: Alles, was der Gegner hatte, konnte zerstort werden. Zwar gab es daneben die Moglichkeit der Friedlichen Einigung vor Gericht, bei der der geschadigten Partei die Rache (месть) durch die Busszahlung abgekauft wurde. 2.18. Ministerialen/Dienstmannen Das Wort “Ministeriale“ ist abgeleitet von “ministerium“ = Dienst und bezeichnet Menschen, die durch Besondere Dienste ihre Rechtstellung (правовой статус) verbessert haben. Im Mittelalter hatte jeder seinen eigenen rechtsstand, der im fruhen Mittelalter vor allem durch die Geburt (происхождение) bestimmt war. In den Grundherrschaften (поместье) von Konig, Adel und Kirche lebten Menschen, die von Geburt “frei“ waren, neben solchen, die von “unfreien“ Eltern abstammen und deshalb selbst unfrei waren. Die Lebensbedingungen der Freien waren in der Regel besser als die der Unfreien. Es ist schwer zu sagen, wenn einige der Unfreien durch besondere Fahigkeiten und Dienste aus der Masse der ubrigen deutlich hervorzutreten begannen. Seit dem fruhen 11. Jahrhundert jedenfalls gab es eine Gruppe, die sich nicht nur durch eine eigene Bezeichnung – Ministeriales- abhob, sondern auch durch ein eigenes Recht, das ihnen gegenuber anderen Angehorigen der Grundherrschaft besondere Vorrechte sicherte. Die Ministerialen dienten ihren Herren auf vielfaltige Weise: in der Verwaltung, als Kaufleute, als Gesandte mit besonderen Auftragen und auch als Ritter. Die Konige haben versucht, aus den Ministerialen eine Art Reichbeamtenschaft aufzubauen. Die Schwaсhe des Konigstums im Thronstreit hat dazu beigetragen, dass dieser Versuch scheiterte. Die Ministerialen gehorten im Gesellschaftsaufbau des Spatmittelalters zum niederen Adel. 2.19. Rittertum Aus drei Standen, namlich aus Betern (oratores), Kriegern (bellatores) und korperlich Arbeitenden (laboratores) setzte sich die Gesellschaft zusammen. Abbild der gesellschaftlichen Wirklichkeit; sie zeigt aber, dass man den Ort der Menschen in der Gesellschaftsordnung durch eine Art berufsmassiger Tatigkeit bestimmt sah. Einer der Grunde fur die Ausbildung eines Berufskriegerstandes lag in der Militartechnik: Die Krieger (milites) kampften zu Pferde; sie waren berittene Krieger, ausgerustet mit Schild und Lanze (копье), eisernem Kettenhemd oder gepanzerter Rustung. Diese Art des Kampfes erforderte regelmassiges Training und Geld fur die teuere Ausrustung. Die Ritter mussten von der landwirtschaftlichen Tatigkeit freigestellt sein, um dem Kriegerberuf nachgehen zu konnen. Das war zunachst den adeligen Grundherren moglich. Aber schon die Karolinger hatten arme Freie und auch Unfreie als Berufskrieger verpflichtet und sie fur ihre militarischen Dienste mit einem Dienstgut ausgestattet, und seit dem 11. Jahrhundert kamen vor allem Krieger aus dem Ministerialenstand dazu. Die Kirche des Fruhmittelalters hatte jede Form von Kampf und Kriegfuhren als mit der christlichen Moral unvereinbar abgelehnt. Erst als sich mit der Bekampfung des islamischen Araber in Spanien seit dem 11. Jahrhundert die Vorstellung herauszubilden begann, dass der Kampf fur Christentum und Kirche ein gottgefalliges Werk sei, war die Grundlage fur eine christliche Kriegerethik gelegt. Ein Ritter sollte das Streben nach Ruhm und weltlicher Ehre in der Dienst hoherer Ziele stellen, des Heidekrieges vor allem. 2.20. Thronstreit Friedrich, der Sohn des Staufenkaisers Heinrich VI. und Konstanzes, der Erbin des normannischen Konigsreiches Sizilien, war noch drei Jahre alt, als sein Vater vollig uberraschend im September 1197 starb. Obwohl das Kind bereits zum deutschen Konig gewahlt und damit die Nachfolge eigentlich entschieden war, brachte der fruhe Tod des Kaisers diejenigen politischen Krafte auf den Plan, die eine Vereinigung Suditaliens mit dem Reich und eine darauf begrundete staufische Vorherrschaft ablehnten: Das waren die Kaiserwitwe Konstanze, die, wie man wusste, die Deutschen nie geliebt hatte; dann der Papst, der eine Umklammerung (притеснение) des Kirchenstaates furchtete und deshalb zu verhindern suchte, dass der Erbe Siziliens zugleich deutscher Konig war; und schliesslich eine Gruppe stauferfeindlicher Fursten in Deutschland. Als sie horten, dass Konstanze fur ihren Sohn auf die deutsche Konigswurde verzichtet hatte, bereiteten sie die Konigswahl Ottos, eines Sohnes Heinrichs des Lowen, vor. Aber die Stauerpartei kam ihnen zuvor: Sie wahlten den Bruder des verstorbenen Kaisers, Herzog Philipp von Schwaben, ohne allerdings die Konigswahl Ottos dadurch verhindern zu konnen. Seit dem Jahre 1198 hatte das deutsche Reich mit dem Welfen Otto IV. und dem Staufer Philipp von Schwaben zwei Konige, die sich gegenseitig bekampften. Zehn Jahre dauerten die Auseinandersetzungen, in denen Philipp von Schwaben zunehmend an Unterstutzung gewann. Da wurde Philipp am 21. Juni 1208 ermordet. Otto IV. erreichte Anerkennung als Konig, bis er Friedrich II. weichen musste, der 1212 nach Deutschland kam, um sein vaterliches staufiches Erbe einzufordern, und bald allgemeine Anerkennung als Konig fand. Der Thronstreit von 1198 gilt als einer der Wendepunkte deutschen Geschichte. Der Thronstreit hinderte, dass die von Friedrich Barbarossa geschaffenen Ansatze weiterfolgt werden konnten. Der Thronstreit gilt als ein wichtiger Grund dafur, dass die deutschen Konige der Folgezeit nicht wie die Konige von Frankreich und England einen Einheitsstaat aufbauen konnten. 2.21. Landesausbau/Ostsiedlung Das fruhmittelalterliche Westeuropa war dunn besiedelt. Nur ein geringer Teil der Gesamtflache wurde landwirtschaftlich genutzt, und auch dort fehlten oft die Menschen, um bereits kultiviertes Land weiter zu bewirtschaftlichen. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts aber setzte bemerkenswertes Bevolkerungswachstum ein, das bis in das 14. Jahrhundert hinein anhielt. In den bereits dichter besiedelten Gegenden Frankreichs und Englands stieg die Bevolkerung, so schatzt man, vom Ende des 11. Jahrhunderts auf Dreifache. Die intensivere Bodenutzung und damit die Steigerung der Erntentrage im Altsiedelland reichte nicht aus, um die stets wachsende Zahl von Menschen zu ernahren. Es musste bislang unbewirtschaftliches Land durch Rodung (>распахивать под пашню) dazugewonnen werden. Rodungsland waren zunachst die Waldgebiete und Gebirge in Westeuropa selbst. Erst allmahlich zogen Bauern als Siedler weiter nach Osten. Heinrich der Lowe warb fur die Erschliessung Holsteins und Mecklenburg flamische, hollandische und niederdeutsche Bauern als Siedler an. Ein knappes Jahrhundert spater bemuhte sich der Deutsche Orden um deutsche Siedler fur das Prussenland und Litauen, weil die einheimische Bevolkerung nicht ausreichte, um das Land weiter zu Erschliessen. Aber auch polnische Fursten suchten Bauern aus dem volkreicheren Westen in ihr land zu ziehen. 2.22. Deutscher Orden 1199 beauftragte Pappst Innozenz III. die “Bruder des Hospitals der Deutschen in Jerusalem“, die bislang im Heiligen Land kranke Pilger gepflegt hatten, zusatzlich mit dem Heidenkampf. Damit war der Deutsche Orden als Ritterorden entstanden. Die Deutschordnenritter trugen als Zeichen ihrer Ordenzugehorigkeit einen weissen Mantel mit schwarzem Kreuz, Ihr Aktionsfeld war zunachst das Heilige Land. Der Heidenkrieg, zu dem die Ordenritter verpflichtet waren, verlagerte sich bald vom Heiligen Land nach Osteuropa. Vom ostlich der Weichsel gelegenen Prussenland, das ihm ursprunglich ubertragen worden war, griff der Orden nach Westen und Nordosten aus. Durch die Expansion entstanden Konflikte mit Polen, die allerdings keine nationalen Gegensatze waren. Daten Ereignisse 911-918 Konrad I. 919-936 Heinrich I. 933 Sieg Heinrichs uber Ungarn 936-973 Otto I., der Grosse 951-952 Italienzug Ottos und Kronung in Pavia zum “Konig der Langobarden“ 10. Aug. 955 Schlacht auf dem Lechfeld 2. Febr. 962 Kaiserkronung Ottos des Grossen in Rom 968 Grundung des Erzbistums Magdeburg 973-983 Otto II. (967 Kaiser) 983-1002 Otto III. (996 Kaiser) 1002-1024 Heinrich II. (1014 Kaiser) 1033 Konrad II. wird Konig von Burgund 1039-1056 Heinrich III. (1046 Kaiser) 1056-1105 Heinrich IV. (1084 Kaiser) 1073-1085 Papst Gregor VII. 1074-1075 Sachsischer Furstenaufstand gegen Heinrich IV. 1076 Heinrich IV. und Gregor VII. Erklaren sich gegenseitig fur abgesetzt 1077 Lossprechung Heinrichs IV. von Bann in Canossa 1077-1080 Gegenkonig Rudolf von Rheinfelden 1096-1099 1. Kreuzzug 1105-1125 Heinrich V. (1111 Kaiser) 1119 Zisterzienserorden vom Papst anerkannt 1125-1137 Lothar III. von Supplinberg (1133 Kaiser) 1138-1152 Konrad III. 1147-1149 2. Kreuzzug 1152-1190 Friedrich I. Barbarossa (1155 Kaiser) 1167 Lombardenbund 1180 Sturz Heinrichs des Lowen 1189-1192 3. Kreuzzug 1190-1197 Heinrich VI. (1191 Kaiser) 1199 Grundung des Deutschen Ordens 1202-1204 4. Kreuzzug (Kreuzfahrer erobern Konstantinopel) 1208 Ermordung Philipps von Schwaben 1209 Kaiserkronung Ottos IV. 1212-1250 Friedrich II. (1220 Kaiser) 1228-1229 5. Kreuzzug 1248-1254 6. Kreuzzug 1250-1254 Konrad IV. Kapitel 3: Spatmittelalter 3.1. Interregnum Als Interregnum wird ublicherweise die Epoche zwischen dem Erloschen des staufischen Herrscherhauses in Deutschland (1254) und der Wahl Rudolfs von Habsburgs im Jahre 1273 bezeichnet. Es gab eher zuviel Konige, die die Herrschaft im reiche beanspruchten. Nach dem Tode Konrads IV. (1254) und Wilhelms (1256) gingen aus einer zwiespaltigen Wahl im Jahre 1257 wieder zwei Konige hervor: Alfons X. Von Kastilien, ein Enkel Philipps von Schwaben, sowie Richard von Cornwall, ein Bruder des englischen Konigs Heinrich III. und Vetter Ottos IV. Die Doppelwahl, die insofern verfassungsrechtlich bedeutsam war, zeigte bald die Folgen, die eigentlich schon vorauszusehen waren. Wahrend Alfons von Kastilien uberhaupt nie ins Reich kam, um seine Konigsherrschaft anzutreten, gelang es auch Richard nicht, wahrend seiner kurzen Aufenhalte in Deutschland, allgemeine Anerkennung zu erlangen. Fehlte es somit auch nicht an Konigen, so fehlte es doch an einer allseitlich anerkannten koniglichen Autoritat, die in der Lage gewesen ware, Frieden und recht zu gewahrleisten und hemmungslosen Interessenegoismus der Machtigen in Schranken zu halten. Wahrend die Fursten dieser Entwicklung in ihrer Mehrzahl eher gleichgultig gegenuberstanden, hatten die rheinischen Stadte bereits im Jahre 1254 zur selbsthilfe gegriffen und zur Aufrechterhaltungdes Landfriedens einen grossen Stadtebund (Rheinischer Bund) geschlossen, dem bereits nach zwei Jahren uber 70 Stadte angehorten. Die Erfolge des Bundes, der energisch gegen die Friedensbrecher vorging, veranlassten (давать повод) sogar die rheinischen Erzbischofe, den Pfalzgrafen sowie mehrere Bischofe, Grafen und Herren zum Anschluss. Als im Jahre 1255 auch Konig Wilhelm den Bund reichsrechtlich anerkennte, schien sich hier fur das Konigtum eine Moglichkeit zu bieten, die selbstbewussten Stadte im Sinne der Reichspolitik zur Friedenswahrung heranzuziehen. Wie sehr der Bund sich als Wahrer des Reichsunteressen fuhlte, wird nach dem Tode Wilhelms (1256) besonders deutlich, als die Stadtevertreter besclossen, wahrend der Thronvakanz das Rechtsgut zu schutzen und nur einem einhellig gewahlten Konig die Tore zu offnen. Dennoch konnte die Doppelwahl von 1257 nicht verhinert werden, was das auch das Ende des Bundes bedeutete, die die meisten Stadte aus handelspolitischen Grunden Richard von Cornwall anerkannten, ohne hierdurch die Lage im Reich andern zu konnen. 3.2. Hausmachtkonigtum Das spatmittelaterliche Konigtum wird mitunter auch als Hausmachtkonigtum bezeichnet, womit regelmassig die Vorstellung verbunden wird, dass der Konig seine Konigsherrschaft in erster Linie zur Forderung seines eigenen Hauses und erst sekundar zum Wohle des Reiches eingesetzt habe. Da der deutsche Konig – im Gegensatz zu den westeuropaischen Monarchen – nicht durch Erbfolge, sondern durch die Wahl der Kurstenfursten zur Herrschaft gelangte, war fur ihn wenn er an die Nachfolge dachte, allenfalls sicher, dass seine Dynastie im Besitz der ererbten Stammlande bleiben wurde. Die Konige ohne grosse eigene Landesherrschaften mussten daher veruchen, sich anderweitig eine entsprechende Machtgrundlage aufzubauen. Hierzu bot sich vor allem dann eine Gelegenheit, wenn grosse Reichslehen (поместье) durch das Austreben einer Dynastie oder den Ungehorsam der Inhaber an das Reich fielen. Zwar bestand rechtlich durchaus die Moglichkeit, diese Lehen in unmittelbare Reichsverwaltung zu nehmen; in der Praxis haben es die Konige aber regelmassig vorgezogen, die anfallenden Guter an die eigenen Sohne zu verleihen und sich auf diese Wiese eine Hausmacht zu schaffen. So erwarben z.B. die Habsburger unter Konig Rudolf die Herzogtumer Osterreich und Steiermark (1282), die Luxemburger unter Heinrich VII. Das Konigsweich Bohmen (1310) und die Wittelsbacher unter Ludwig dem Bayern die Markgrafschaft Brandenburg (1323). 3.3. Rudolf von Habsburg Als im Jahre 1272 Richard von Cornwall starb, hatte das Reich zwar nominell in Alfons von Kastilien noch einen Konig, der zunachst auch keineswegs bereit war zu verzichten, der andererseites aber in den langen Jahren des Interregnums seit 1257 auch keinen einzigen Versuch gemacht hatte, seiner Herrschaftsanspruch auf deutschem Boden durchzusetzen. Der Papst, Gregor X., der sich zu dieser Zeit mit dem Gedanken eines allgemeines Kreuzzuges unter der Autoritat eines einhellig anerkannten romisch-deutschen Kaisers trug, schatzte die Situation durchaus realistisch ein, als er die Kurfursten zur Neuwahl drangte, mit der Drohung, im Falle langerer Verzogerung mit den Kardinalen einen Kandidaten durch einseitige Verfugung zu bestimmen. Als am 1. Oktober 1273 die Kurfuhrsten in Frankfurt zur Wahlhandlung zusammentraten, fiel die Wahl auf den Grafen Rudolf von Habsburg, obwohl auch andere machtige Kandidaten – unter ihnen der Konig von Frankreich und Konig Ottokar von Bohmen – ihr Interesse angemeldet hatten. Wenn auch die spatere bohmische Propoganda Rudolf als “armen Grafen“, dessen Wahl nur den Machtinteressen der Kurfursten gedient habe, verspottete (<насмехаться), so sah die Wirklichkeit doch etwas anders aus. Obwohl nicht dem Reichsfurstenstande angehorend, galt Rudolf, der uber umfangreichen Besitz und ausgedehnte Herrschaftsrechte im Aargau, im Zurichgau sowie am Oberrhein, im Elsass und Schwarzwald verfugte, als der bedeutendste Teritorialherr im Sudwesten des Reiches. Wahrscheinlich schon vor seiner Wahl hatte sich der neue Konig den Kurfursten gegenuber durch Eid verpflichtet, die im Laufe des Interregtums entfremdeten Guttern und Herrschaftsrechte des Reiches diesem wieder zuzufuhren. Bereits auf seinen ersten Hoftagen nahm sich Rudolf dieser Aufgabe an, die die allerdings bald zu einer gefahrlichen Konfrontation mit dem machtigen Bohmenkonig Ottokar II. fuhrte, da dieser sich nach dem Tode Kaiser Friedrichs II. ohne ausreichende Legitimation in den Besitz der Herzogtumer Osterreiche und Steiermark gesetzt hatte. Da Ottokar, auf seine Machtposition vertrauend, es zudem abgelehnt hatte, Rudolf als Konig zu huldigen (присягать на верность), konnte Rudolf im Wege eines formlichen Rechtsverfahrens gegen seinen vorgehen, das mit dessen achtung endete (1275). Nachdem Ottokar die Forderungen Rudolfs auf Herausgabe der umstrittenen Lander und die Lehnshuldigung fur Bohmen und Mahren erfuhlt, dann sich aber erneut aufgelehnt hatte, mussten die Waffen endgultig entscheiden. Dabei gelang es Konig Rudolf, seinen Gegner in der Schlacht auf dem Marchfeld bei Durnkrut (1278) vernichtend zu schlagen: Ottokar selbst kam auf der Flucht ums Leben. Bei aller Popularitat, die Rudolf auf bei den niederen Standen genoss, zeigte sich die Kehrseite dieses Herrschaftsstiles doch darin, dass weite Bevolkerungskreise diesen nuchternen (рассудительный) Mann nicht mit dem glanzvollen Charisma des sraufischen Kaiserstums wie es Friedrich II. praktiziert hatte, identifizierten. Wenn auch Rudolf weder die Kaiserkronung in Rom noch die unmittelbare Thronfolge eines seiner Sohne erreicht hat, so hat er doch mit dem Erwerb Osterreichs und der Steiermarkfur den Aufstieg des Hauses Habsburg gelegt, das Ende des 14. Jahrhunderts uber den grossten Landerkomplex im Reiche verfugte. Da es den Habsburgern trotz dieser Erfolge nicht gelungen war, in den Kreis der Kurfursten aufzusteigen, versuchte Herzog Rudolf IV. (1358-1365), durch eine Privilegienfalscherung seinem Haus besondere Vorrechte u.a. den Titel eines Erzherogs, zu verschaffen, was allerdings im 15. Jahrhundert vom Reich anerkannt wurde. Nachdem Ende des 14. Jahrhunderts Teilungen und die Auseinandersetzung mit den Eidgenossen zu einer gewissen Schwachung gefuhrt hatten, gelang es Herzog Friedrich V. alle Lander wieder in seiner Hand zu vereinigen. Sein Sohn und Nachfolger Maximilian I. brachte ausserdem noch das burgundische Erbe in die habsburgische Landermasse ein. 3.4. Schweizer Eidgenossenschaft Am 1. August 1291, kurz nach dem Tode Konigs Rudolf von Habsburg, schlossen im Westen des Habsburger Herrschafts die drei Talgemeinden Uri, Schwyz und Nidwalden einen ewigen Kandfriedensbund, dem sich wenig spater auch Obwalden anschloss. Dieser Bund unterschied sich von anderen Landfriedenseinigungen vor allem durch die soziale Herkunft und Rechtsstellung seiner Mitglieder. Wahrend sonst Fursten und Reichsstadte derartige Bundnisse schlossen, handelte es hier um Landgemeinden, die jeweils in einer gemeinsamer Wirtschafts- und Gerichtsorganisation zusammenschlossen waren. Die Abgeschlossenheit der Taler und die Gemeinsamkeit der Lebensbedingungen verwischte (>сглаживать) die sonst ublichen Standesunterschiede zwischen Freiheit und Unfreiheit, wobei die Fuhrungsrolle gemeinsam von einzelnen adligen Sippen und Reichen Bauerfamilien ubernommen wurde. Aus der Rahmen des ublichen fiel der Bund ferner durch den unterschiedlichen Rechtsstatus der drei Talgemeinden (ab 1309 “Waldstatte“ genannt). Wahrend Nidwalden der habsburgischen Landesherrschaft unterstand, galten Uri und Schwyz seit 1231 als reichsunmittelbar. Der Bund von 1291 richtete sich zunachst nicht generell gegen Habsburg, sondern sollte wohl vorrangig (преимущественно) der Eindammung (улаживание) der zahlreichen Fehden (вражда) dienen. Erst seit der Intensivierung der habsburgischen Landesherrschaft unter Albrecht I. und Leopold I. geriet der Bund in zunehmenden Gegensatz zu Habsburg, was im Jahre 1315 zum ersten militarischen Konfrontation fuhrte. In der Schlacht am Morgarten gelang es den Eidgenossen, unter Ausnutzung des Gelandevorteils das osterreichische Ritterheer unter Fuhrung Herzog Leopolds vernichtend zu schlagen. Entscheidend fur die Weiterentwicklung des Bundes war in der Folgezeit, dass sich die Stadte Luzern (1332), Zurich (1351), Glarus (1352 sowie Bern (1353) dem Bunde anschlossen, der damit die sogenannten “Acht Orte” umfasste. Gegenuber erneuten habsburgischen Unterwerfungsversuchen konnten sich die Eidgenossen militarisch in den Schlachten von Sempack (1386) und Nafels (1388) behaupten; im 15. Jahrhundert gelang es ihnen sogar, in die Offensive zu gehen und 1415 den Aargau, 1460 den Thurgau zu erobern. Auch gegnuber den Expansionsbestrebungen des neuburgundischen Herzogtums unter Karl dem Kuhnen blieben die Schweizer Eidgenossen – jetzt im Bunde mit Habsburg – am Ende siegreich. Ebenso scheiterte der Versuch Konig Maximilian I., die Schweizer im sogenannten Schwabkrieg zur Anerkennung des Beschlusse (решение) des Wormser Reichstags von 1495 zu zwingen. Mit dem Frieden von Basel (1499) schieden (<выходить) die Eidgenossen de facto bereits aus dem Verbund des Heiligen Romischen Reiches aus, was de jure allerdings erst im Westfalischen Fridensvertrag von 1648 bestatigt wurde. 3.5. Ludwig der Bayer Im Jahre 1282 als Sohn des Herzogs Ludwig des Strengen von Bayern und der Mathilde von Habsburg geboren, trat Ludwig nach dem Tode des Vaters im Jahre 1301 zusammen mit seinem Bruder Rudolf die Herrschaft an. Im Streit um die Vormundschaft (покровительство) uber die niederbayerischen Vettern kam es im Jahre 1313 zu einer militarischen Kraftprobe mit dem Habsburger Friedrich dem Schonen, Herzog vom Osterreich, die Ludwig durch einen glanzenden Sieg fur sich entscheiden konnte. Durch die gewonene Schlach empfahl Ludwig sich der luxemburgischen Partei im Reiche, die nach dem Tode Kaiser Heinrichs VII. Versuchte, das luxemburgische Hausinteresse zu wahren, als Thronkandidat. Allerdings kam es zu einem Doppelwahl, in der ein Teil der Kurfsten Ludwig, ein anderer Teil aber Friedrich den Schonen zum Konig wahlte. Wenn auch Ludwig uber die Mehrheit der Kurststimmen verfugte, war dies damals noch ohne rechtliche Bedeutung; uber die Anspruche der Beiden Kandidaten mussten daher die Waffen entscheiden. Die Entscheidung fiel im Jahre 1322, als es Ludwig gelang, seinen Rivalen in der Schlacht bei Muhldorf entscheidend zu schlagen und gefangzunehmen. Um die Habsburger auf seinr Seite zu ziehen, verstandigte er sich mit Friedrich dem Schonrn und gestand diesem sogar die Mitregierung als Konig zu, die allerdings kaum mehr praktische Auswirkungen haben sollte, da Friedrich bereits im Jahre 1330 starb. Nach seinem Sieg bei Muhldorf entschloss sich, durch die Entsendung einers Reichsvikars in Italien einzugreifen, wodurch er allerdings einen fur ihn verhangnissvollen (роковой) Konflikt mit dem damals in Avignon residierenden Papstum ausloste. Papst Johanes XXII. hatte bisher dem deutschen Thronstreit abwartend zugesehen, ohne einem der beiden Kandidaten die papstliche Anerkennung (Approbation) zu erteilen. Da nach seiner Auffassung das Reich vakant war, nahm er selbst fur seine Person in Italien die Rechte als Reichsvikar, d.h. in Stellvertretung fur den kunfigen Konig, in Anspruch. Als Ludwig sich nun abschickte, die politischen Gegner der Kurie in Italien zu unterstutzen, eroffnete der Papst ein formliches Rechtsverfahren gegen ihn, mit der Beschuldigung, sich ohne papstische Zustimmung die Konigswurde angemass zu haben und verhangte im Jahre 1324 auch den Kirchenbann uber seinen Gegner, von dem sich dieser nie loden sollte. Ludwig wehrte sich mit Appelationen an ein allgemeines Konzil, wobei die Auseinandersetzung in der Folgezeit verscharft wurde, dass radikale Gegner des Papstes, wie der Magister Marsilius von Padua, Zuflucht am Munchner Hof fanden. Ihrem Einfluss war es massgeblich zuzuschreiben, dass sich Ludwig in Jahre 1328 in zum Kaiser kronen liess und auf das Vorbild Ottos des Grossen die Absetzung Johannes XXII. Verkundigte. Der vom romischen Volk gewahlte Gegenpapst Nikolaus V., von dem sich Ludwig nochmals zum Kaiser kronen liess, sah sich allerdings bald nach dem Abzug Ludwigs aus Rom genotigt, Papst Johannes XXII. seine Unterwerfung anzubieten. Bereits im Jahre 1322 hatte Ludwig die Gelegenheit, die Markgrafschaft Brandenburg an seinem altesten Sohn zu ubertragen. Nachdem ihm im Jahre 1342 Niederbayern zugefallen war, erwarb er durch eine Ehe mit Margarete von Holland im Jahre 1345 Holland, Seeland, Friesland und Hennegau. Als er im Jahre 1342, um den Besitz Tirols zu gelangen. Die Ehe der Tiroler Erbin Margarete Maultasch mit dem Luxemburger Johann Heinrich, dem Sohn Konig Johann Heinrich, dem Sohn Konig Johanns von Bohmen, fur ungultig erklarte und die Prinzessin mit seinem eigenen Sohn verheiratete, ruckten die Luxemburger, seine bisherigen Parteiganger, von inm ab. Im Jahre 1346 hat Karl von Bohmen als Konig einen eigenen Kandidaten gefunden. Es blieb Ludwig seinen Thronanspruch noch einmal mit Waffengewalt verteidigen zu mussen; bevor es zur Entscheidung kam, ist er im Jahre 1347 auf der Jagd einem Herzschlag erlegen. 3.6. Karl IV. und das Haus Luxemburg Als altester Sohn Konig Johans von Bohmen aus dem Hause Luxemburg im Jahre 1316 in Prag geboren, wurde Karl am Hofe des Franzosischen Konigs Karl IV. erzogen und vom Vater bereits seit dem 15. Lebensjahr mit zahlreichen politischen Aufgaben betraut. Als der Dreissigjahrige im Jahre 1346 zum Konig gewahlt wurde, konnte er gegenuber seinem Gegner, Kaiser Ludwig dem Bayern, vor allem zwei Trumpfe (козырь) ins Feld fuhren: die Unterstutzung des Papstes Clemens VI., und der Mehrheit der Kurfursten. Dennoch war der Thronkampf damit noch keineswegs zugunsten Karls entscheiden, da Kaiser Ludwig nach wie uber zahlreiche Anhanger im reiche verfugte und zudem seine militarischen Fahigkeiten in der Vergangenheit bereits deutlich unter Beweis gestellt hatte. Die Entscheidung fiel durch den Tod Ludwigs (1347); obwohl die Sohne des Kaisers den Widerstand fortsetzten und den thuringischen Grafen Gunther von Schwarzburg als Gegenkonig gewinnen konnten, fiel es Karl nicht schwer, seine Gegner auszuspielen. Nachdem Karl im Jahre 1355 aus der Hand des papstlichen Kardinalen in Rom die Kaiserkrone empfangen hatte, liess er ein Jahr spater auf den Reichstagen von Nurnberg und Metz ein umfassendes Reichsgesetz (Goldene Bulle) verkunden, das die Konigswahl und die Rechtsstellung der Kurfuhrsten regelte, wobei sich die diplomatische Meisterschaft darin zeigte, dass – trotz der Zusagen, die er dem Papst gegenuber vor seiner Wahl abgegeben hatte – die papstischen Anspruche mit Stillschweigen ubergangen und damit de facto zuruckgewiesen wurden. Wahrend Karl die kaiserliche Herrschaft in Italien und Burgund nur nominell zur Geltung brachte, galt sein besonderes Augenmerk (внимание) der Forderung seiner luxemburgischen Hausmacht durch eine gezielte Erwerbs- und Wirtschaftspolitik wie auch durch sorgfaltige Verwaltungsmassnahmen. So gelang es ihm, uber seine dritte Ehe (1353) das Herzogtum Schweidnirz-Jauer zu erwerben. Diese mit der Krone Bohmen vereinigte Landermasse wurde durch eine systmatisch betriebene weisende Erwerbspolitik durch Kauf, Tausch und Pfandnahme auch kleinster Guter und Einzelrechte erganzt. Gekront wurde die kaiderliche Hausmachtpolitik im Jahre 1373 durch den Erwerb der Markgrafschaft Brandenburg; zuvor hatte Karl bereits durch die Verheiratung seines Sohnes Sigmund mit der ungarischen Konigstochter die Grundlage fur den spateren Anfall des Konigreiches Ungarn (1387) geschaffen. Nachdem Karl im Jahre 1376 noch die Wahl seines Sohnes Wenzel zum romisch-deutschen Konig durchgesetzt hatte, schien die Zukunft des Hauses Luxemburg gesichert, als der Kaiser im Jahre 1378 starb. 3.7. Kurfursten Wahrend im Hochmittelalter noch Fursten, Adel und Volk gemeinsam den Konig wahlten, wurde der Wahlerkreis mit der Ausbildung des Reichsfurstenstandes in der zweiten Halfte des 12. Jahrhinderts auf die Reichsfursten eingegrenzt. Im Zuge der Doppelwahl vom Jahre 1198 erhoben dann erstmals einige Fursten den Anspruch, dass ihnen vor anderen die Wahl des Konigs zukomme und dass daher ihre Mitwirkung fur die Gultigkeit der Wahl erforderlich sei. Der Konig von Bohmen – obwohl auch Inhaber eines Erzamtes (Schenkenamt) – sollte aus der Kreis der bevorzugten Wahler ausgeschlossen sein, da er kein Deutscher sei. In der Folgezeit – erstmals in der Doppelwahl von 1257 – konnten die Fursten (rheinische Erzbischofe aus Mainz, Koln und Trier ssowie Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg) ihre Vorrangstellung zu einem Alleinwahlrecht ausbauen, wodurch die ubrigen Fursten von der Wahl ausgeschlossen wurden. Die Goldene Bulle vom Jahre 1356 regelte dann endgultig die Berechtigung zur Konigswahl und legte im einzelnen die Rechtsstellung der Kurfursten sowie das Verfahren bei der Konigswahl fest. Erst im Jahre 1489 schlossen sich die Kurfursten zu einen eigenen Kurie – unter Ausschluss der anderen Fursten – zusammen. Im Jahre 1623 fiel die pfalzische Kurstimme an Bayern. Bis zum Ende des Alten Reiches kamen noch folgende Kurstimmen hinzu: Braunschweig-Luneburg (Kurhannover), Regensburg, Toskana, Salzburg (1805 an Wurzburg ubertragen), Wurtenberg, Baden und Hessen-Kassel. 3.8. Goldene Bulle Die Goldene Bulle bekannt nach dem auch sonst in der koniglichen Kanzlei verwendeten goldenen Siegel, gilt als bedeutendste Reichsgesetz des Heiligen Romischen Reiches. Es besteht insgesamt aus 31 Kapiteln, von denen die ersten 21 auf dem Nurberger Reichstag am 10. Januar 1356, die restlichen am 25. Dezember 1356 in Metz verkundet wurden. Das Gesetz regelte erstmals und endgultig die Modalitaten der Konigswahl und die Rechtsstellung der Kurfursten, wobei die Festlegung des Mehrheitsprinzips kunftige Doppelwahlen verhindern sollte. Den Kurfursten wurden zudem besondere Vorrechte (unbeschrankte Gerichtsbarkeit, Munz- und Zollregal) zuerkannt. Im Sinne der Kurfursten und anderen Landesherren war auch, dass alle Einungen und Bundnisse innerhalb und zwischen Stadte untersagt wurden. Weitere Bestimmungen befassen sich mit der Thronvakanz, dem Fehdewesen, der Ausubung der Erzamter sowie dem Hofzeremoniell bei Wahl, Kronung und auf Hoftagen. Die Anspruche des Papstums auf Zustimmung zur Konigswahl (Approbation) und ausubung der kaiserichen Rechte wahrend der Thronvakanz wurden mit Stillschweigen ubergangen. 3.9. Reichstage Schon seit den altesten Zeiten hielt der Konig mit den Grossen des Reiches Versammlungen (Hoftage) am Konighofe ab, in denen er sich Rat und Zustimmung in wichtigen reichsangelegenheiten holte. Da es dem Konig grundsatzlich freistand, wen er zu diesen Versammlungen einladen wollte, war der Teilnehmerkreis zunachst weitgehend offen. Erst deit dem 15. Jahrhundert wurde die Reichsstandschaft gefordert. Die Versammlungen, die jetzt erstmalig als “Reichstage“ bezeichnet werden, erscheinen von nun an immer deutlicher als verfassungsrechtliche Reprasentation der Reichsstande, da hier gemeinsam mit dem Konig uber wichtige Reichsangelegenheiten entschieden. Seit 1489 traten die Stande dabei in drei getrennten Kolegien (Kurien) auf. Dabei handelte es sich um den Kurfurstenrat, den Furstenrat – umfassend Fursten, Pralaten (прелат), Grafen und Herren – sowie das Kollegium der Frei- und Reichsstadte. Seit 1497 wurde es ublich, die auf einem Reichstag gefassten Beschlusse in einem formlichen Erlass (указ) zusammenfassen und am Ende des Reichtages zu verkundigen. 3.10. Landesherrschaft und Landstande Das Bestreben der geistlichen und weltlichen Grossen, innerhalb der von ihnen besessenen Herrschaftsgebiete ihre Herrschaftsgewalt zu intensivieren und konkurrierende Herrschaftsrechte anderer auszuschalten, fuhrte im Laufe des Hochmittelalters zur Ausbildung der Landherrschaft. Zum Wesen der Landherrschaft gehorte, dass sie sich nicht mehr nur mit Herrschaft uber Personen begnugte, sondern dass sie daruber hinaus auf die Beherrschung eines bestimmten geogragischen Raumes abzielte. Da mittelalterliche “Staatlichkeit“ sich nicht in einer einheitlichen Staatsgewalt, sondern in einer Vielzahl von einzelnen Herrschaftsrechte ausserte, musste es das Bestreben des Landesherrn sein, moglichst viele Herrschaftsrechte zu konzentrieren und andere Herrschaftsberechtigte der eigenen Herrschaft zu unterverwen. Zu der wichtigsten diser Rechte gehorten die Grafenrechte mit dem Recht zur Ausubung der Hochgerichtbarkeit sowie polizeilicher und militarischer Befugnisse. Daneben spielten meist aber auch noch andere Herrschaftsrechte, wie z.B. die Rechte als Grundherr uber abhangige Bauern, Schutz- und Herrschaftsrechte uber Kirchengut, das Befestigungsrecht, eine bedeutsame Rolle. Wenn auch das Konigtum in den Furstengesitzen von 1220 und 1231 die enstehende Landesherrschaft der Fursten legalisiert, so wurde die Landesherrschaft dennoch keineswegs ausschliesslich auf Kosten der Reichsgewalt erreicht. Die Landesherren konnten sich auf eigene, nicht vom Konig abhagige Herrschaftsgewalt stutzen; dazu kam oft eine systematisch betriebene Erwerbspolitik durch Heirat, Kauf, Tausch, Pfandnahme oder auch im Wege der Gewalt. Wenn auch die Herrschaftsgewalt der meisten Landesherren bereits im Spatmittelalter ein hohes Mass an Eigenstandigkeit erreicht hatte, so galt sie verfsassungsrechtlich doch als ein vom Konig dem Landesherrn nach Lehnsrecht verliehenes Recht zur Herrschaft, dass bei schwerer Pflichtverletzung auch entzogen werden konnte. 3.11. Reichsstadte Unter den Reichsstadten versteht man die Stadte, die unmittelbar der Herrschaft des Konigs unterstanden – im Gegensatz zu den Landstadten, die einer Landseherrschaft unterworfen waren. Die meisten Reichststadte sund aus ehemaligen koniglichen Stadten, errichtet auf Reichsgut oder dem Hausgut der einzelnen Herrscher (z.B. Aachen, Frankfurt, Nurnberg, Kaiserslautern u.a.) sowie auf Kirchengut (z.B. Weisenburg, Lindau, Zurich), hervorgegangen. Daneben gab es aber auch sogenannte “Freistadte“, bei denen es sich um Bischofstadte handelte (z.B. Koln, Worms, Regensburg). Da sie den Konig nicht als Stadtherrn, sondern ledeglich als Reichsoberhaupt anerkannten, beanspruchten diese Stadte, dem Reich gegenuber von Lasten und Abgaben frei zu sein, wahrend die ubrigen Reichsstadte vor allem Stadtsteuern an den Konig als regelmassige Abgaben entrichteten. 3.12. Stadtebunde Im Interesse der furstlichen Landesherren hatte die Goldene Bulle (1356) das Verbot der Stadtebunde erneuert; dennoch schlossen sich im Laufe des Spatmittelalters immer wieder Stadte zu gegenseitigen Bundnissen zusammen. Wahrend der Rheinische Bund (1254-1257) noch dem Zusammenbruch der Stauferherrschaft gedient hatte und von Konig Wilhelm ausdrucklich anerkannt worden war, suchten die Reichsstadte des Statmittelalters durch den Zusammenschluss in regionalen Stadtebunden ihre Unabhangigkeit und ihre machtpolitischen Interessen gegenuber den umliegenden Territorialgewalten, wie auch gegenuber dem Konigtum, zu behaupten. Die bedeutendste dieser Vereinigungen, der Swabische Stadtebund, wurde im Jahre 1376 als Reaktion auf Abgabenspolitik, die Kaiser Karl IV. gegenuber den Reichsstadten betrieb, gegrundet. Bereits im Jahre 1388 kam es jedoch wieder zur militarischen Konfrontation, in deren Verlauf die verbundeten Fursten und Herren den Stadteaufgeboten bei Doffingen und Pfedderscheim vernichtende Niederlagen beibrachten, worauf Konig Wenzel das Verbot der Stadtebundnisse erneut bekraftigte. Dennoch schlossen sich auch im 15. Jahrhundert noch schwabische Stadte zu einem Bundniss zusammen, das spater im Schwabischen Bund (1488) aufging. 3.13. Hanse Um keinen Stadtebund im eigentlichen Sinne handelte es sich bei der Hanse. Wahrend bei den Stadtebunden die Initiative zum Zusammenschluss von einer oder mehreren Stadten ausging, entstand die Hanse als eine genossenschaftliche Vereinigung von west- und niederdeutschen Fernkaufleuten, die von der Mitte des 12. bis zum 14. Jahrhundert den Nord- und Ostseebereich zu einem von ihnen beherrschten Handelsgrossraum auszubauten. Die im Zuge des aufbluhendes Stadtewesens und der fortschreitenden Ostsiedlung in rascher Folge entstehenden Stadte (Lubeck, Riga, Rostock) bildeten im Verein mit den alteren Nordseestadten.Als Ende des 13. Jahrhunderts die Stadt Lubeck die gottlandische Genossenschaft aus der bisherigen Furungrolle verdrangte und nunmehr selbst als Haupt der Hanse auftrat, war dies gleichbedeutend mit dem Beginn eines langgestreckten Wandlungsprozesses, in dessen Verlauf die einzelnen Stadte immer mehr in die Rolle der Kaufleute eintraten, so dass am Ende aus der Kaufmannshanse eine Vereinigung von Hansestadte geworden war. Dass doe hanse mit zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung auch ein erhebliches politisch-militarisches Machtpotential in sich vereinigte, wurde besonders deutlich, als die hansischen Seestadte mit anderen Bundnispartnern (Kolner Konfoderation, 1367) in eine militarische Konfrontation verwickelt wurden. Der beginnende Niedergang der Hanse wurde bereits im 15. Jahrhundert durch das verstarkte Eindringen der Englander und vor allem der Hollander in den Ostseeraum eingeleitet; eine zunehmende Tendenz zu national-protektionistischer Handelspolitik beschleunigte diesen Prozess, was im Jahre 1603 zur Schliessung der Handelsniederlassung in London fuhrte. Dies bedeutete faktisch das Ende der Hanse als Wirtschaftsmacht, wenn sie auch nominell noch bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts fortbestanden hat. 3.14. Die Grosse Pest (чума) Die Grosse Pest, spater “Schwarzer Tod“ genannt, ist als die grosste Katastrophe anzusehen, die die Menschheit in Europa betroffen hat; wahrend z.B. im Zweiten Weltkrieg 5% der europaischen Bevolkerung ihr Leben liessen, fielen der Pest mindestens 25%, vieleicht sogar ein Drittel der damaligen Bevolkerung zum Opfer. Medizinisch gesehen handelt es sich um eine Krankheit bei Nagetieren (Ratten), die von einem Bakterium ausgelost wird und uber Flohe auch auf Menschen ubertragen werden kann. Das Pestbakterium erst im Jahre 1894 entdeckt wurde, stand die mittelalteriche Medizin dieser Herausforderung noch mehr oder weniger hilflos gegenuber. Die Bevolkerungsverluste fuhrten ausserdem in grossem Umfange zur Aufgabe bisher landwirtschaftlich genutzten Landes (Wustungen) sowie zu einer verstarkt einsetzenden Abwanderungsbewegung in die Stadte (Landflucht). 3.15. Bettelorden Im 13. Jahrhundert entstanden, verkorperten die Bettlorden – zu denen vor allem die Orden der Dominikaner, Franziskaner, Augustiner und Karmeliten zu rechnen sind – eine vollig neue Form des Ordenslebens. Unter Berufung auf das Evangelium forderten ihre Mitglieder nicht nur die vollkommene individuelle Armut, sondern lehnten auch fur den Orden insgesamt weltlichen Besitz ab. Die Bettelorde drangten vor allem in die Stadte, um hier aktiv Seesorge, mission und Ketzerbekampfung zu betreiben. 3.16. Ketzer Die Kirche im Mittelalter bezeichnete alle diejenigen ihrer Mitglieder, die von den eigene Lehre aufstellen, als Ketzer (Haretiker). Auf die Gefardung durch Ketzerei regierte Kirche bereit seit den altesten Zeiten mit den hochsten Kirchenstrafen (Exkommunikation). Seit den Ketzergesetzen (1220-1239) Kaiser Friedrichs II. wurde die Ketzerei auch als weltliches Verbrechen mit Feuertod betroht. Bereits im 13. Jahrhundert hatte die Kirche im Kampf gegen Ketzer zu formlichen Kreuzzugen aufgerufen. Auf Reichsboden waren es im Spatmittelalter vor allem die bohmischen Hussiten, die elementare Lehrsatze der Kirche in Frage stellen, die sich aber militarisch gegenuber Kirche behaupten konnten. 3.17. Bauern Die grosse Masse der spatmittelalterlichen Bevolkerung bestand aus Bauern. Wahrend der Begriff “Bauer“ ursprunglich nicht unbedingt etwas uber die Standesqualitat aussagte, fuhrte die Ausbilding des ritterlichen Berufskampfertums dazu, dass der Bauer in der Regel nicht mehr zum Kriegsdienst herangezogen wurde, sondern sich ausschlisslich der landwirtschaftlichen Tatigkeit widmen konnte. Da der Ritterdienst in der damaligen Zeitanschauung ein wesentlich hoheres Sozialprestige als die bauerliche Arbeit genoss, hatte die neue Entwicklung gerade fur die bisher freien Bauern fatale Folgen: die Unterscheide zwischen frei und unfrei verwischten. So untersagte der Reichslandfriede vom jahre 1152 den bauern das Tragen von Waffen, unterstellte sie dafur allerdings einem besonderen Friedensschutz. 3.18. Zunftwesen (цех) und Zunftkampfe Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Handwerker in den Stadten regelmassig in Zunften organisiert. Bei der Zunft handelte es sich um eine Gemeinschaft von Meistern und Lehrlingen eines oder auch mehrerer Gewerbe, die wirtschaftliche Zielsetzungen mit sozialen und kultischreligiosen Funktionen in sich vereinigte. Die Zunft regelte nicht nur den Zugang zum Handwerk und Ausbildung vom Lehrling bis zum Meister, sondern sie reglementierte auch die Produktion und Absatz. Die Leitung der Zunft lag in den Handen der Zunftmeister; in den Zunftversammlungen beschlossen die Mittglieder uber Zunftangelegenheiten. Das Bestreben der Zunfte, ihren Mitgliedern das ortliche Gewerbemonopol zu sichern, stand im Widerspruch zur freien Verkehrswirtschaft des Fernhandels und fuhrte bereits im Laufe des Spatmittelalters zu Spannungen mit der Stadtobrigkeit. 3.19. Juden Eine besondere Gruppe innerhalb der stadtischen Bevolkerung bildeten die Juden. Als Nichtchristen waren sie an sich rechtlos; doch bereits seit der Karolingerzeit standen sie unter dem besonderen Schutz des Konigs, der es ihnen erlaubte – gegen die Zahlung bestimmter Abgaben -, nach ihrer Glaubensuberzeugung und nach ihrem eigenen Recht zu leben. Seit dem 13. Jahrhundert gestattete das Konigtum den furstlichen Landesherren durch Einzelprivilegien wie auch im Wege der Gesetzgebung, den Judenschutz in ihren Territoien auszuuben. Die Kirche trat bereits im Hochmittelalter fur eine strenge Isolierung der Juden von der christlichen Bevolkerung ein. So wurden ihnen in den Stadten bestimmte Wohnviertel (Ghettos) zugewiesen; seit einem Beschluss des Laterankonzils vom Jahre 1215 waren sie gehalten, eine besondere Kleidung als Kennzeichen zu tragen (spitzer Hut und gelber Fleck (пятно)). Christen war es untersagt, mit Juden in Tischgemeinschaft zu leben oder als Dienstboten fur sie arbeiten. 3.20. Reichsreform Im 15. Jahrhundert mehrten sich die Klagen der Zeitgenossen uber zahlreiche Missstande im Reich (allgemeine Rechtsunsicherheit, Schutzlosigkeit des Reiches vor ausserer Bedrohung). Obwohl die Problematik auf zahlreichen Reichstagen des 15. Jahrhunderts in der Form von Vorschlagen und Gegenvorschlagen erortert wurde, waren die Interessengegensatze zu gross, um zu einer gemeinsamen Losung zu kommen. Der Durchbruch erfolgte erst in der Regierungzeit Konig Maximilians I., der sich, um Unterstutzung in seinen Kriegen gegen Frankreich zu erhalten, dazu verstand, den Forderungen der Reichsstande teilweise entgegenzukommen. Zur Starkung der Reichsfinanzen wurde eine allgemeine Reichssteuer (Gemeiner Pfennig) eingefuhrt. So beschloss der Wormser Reichstag vom Jahre 1495, das Fehderecht zugunsten eines “Ewigen Landfriefens“ aufzuheben und das Gerichtswesen durch die Errichtung eines vom Konig unabhangigen Reichskammergerichts neu zu ordnen. Auf dem Augsburg Reichstag vom Jahre 1500 sah Konig Maximilian sich ausserdem genotig, der Errichtung des Reichsregements, einer Art stanischer Reichsregierung, an deren zustimmung die Regierungsmassnahmen des Konigs gebunden sein sollten, zuzustimmen. Die ubrigen Ergebnisse der Reichsreform, d.h. Ewiger Landfriede, Reichskammergericht und Reichsexekutionsordnung, wurden auf dem Augsburger Reichstag vom Jahre 1555 bestatigt, wodurch die Reichsreform zu einem gewissen Abschluss gebracht wurde. Daten Ereignise 1247-1256 Wilhelm von Holland 1254 Grundung des Rheinischen Bundes/Tod Konrads IV. 1257 Doppelwahl: Richard von Cornwall – Alfons X. Von Kastilien 1268 Hinrichtung Konradins/Ende der Staufer 1273-1291 Rudolf I. von Habsburg 1291 Bund von Uri, Schwyz und Nidwalden 1292-1298 Adolf von Nassau 1298-1308 Albrecht I. von Habsburg 1303 Gefangennahme des Papstes 1308-1313 Heinrich VII. Von Luxemburg (1312 Kaiser) 1314 Doppelwahl: Friedrich der Schone – Ludwig IV. der Bayer 1315 Schlacht am Morgarten 1322 Sieg Ludwigs des Bayern bei Muhldorf 1328 Kaiserkronung Ludwigs des Bayern 1339-1454 Hundertjariger Krieg in Frankreich 1346-1378 Karl IV. (1355 Kaiser) 1347-1351 Pest in Europa 1356 Goldene Bulle 1378-1400 Wenzel 1410-1437 Sigmund (1433) Kaiser 1419-1436 Hussitenkriege 1438-1439 Albrecht II. von Habsburg 1440-1493 Friedrich III. (1452 Kaiser) 1453 Konstantinopel von den Turken erobert 1455-1487 Rosenkriege in England 1477 Schlacht bei Nancy (Tod Karls des Kuhnen von Burgund) 1488 Grundung des Schwabischen Bundes 1492 Kolumbus entdeckt Amerika 1493-1519 Maximilian I. 1495 Reichstag zu Worms (Reichsreform) 1499 Schweizerkrieg (Schwabenkrieg) 1500 Reicstag zu Augsburg (Reichsregiment)